Hardcover, 206 pages
German language
Published 2008 by Verlag Kirchschlager.
Nach alten Kriminalakten und Selbstzeugnissen erzählt Bibliothek des Grauens, #7
Hardcover, 206 pages
German language
Published 2008 by Verlag Kirchschlager.
(…) Die Preußische Kriminalchronik hingerichteter Verbrecher stellt die wohl bekanntesten Kapitalverbrecher und Verbrechen aus der preußischen Kriminalgeschichte vor, erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr sei den geschätzten Lesern ein Querschnitt dargeboten, der vom Goldmacher über Mordbrenner, Familienauslöscher, Raubmörder und einen weiblichen Blaubart reicht. Dabei wurde ein besonderes Augenmerk auf die vielschichtige Art der Quellen und Literatur gelegt, um dem Leser in der Unterschiedlichkeit der Quelle obendrein ein besonderes Lesevergnügen zu verschaffen. Folgt zum Beispiel die Geschichte vom Goldmacher Cajetano einer Erzählung aus einem alten Pitaval, wurde für den Fleischergesellen Gurlt sein Lebenszeugnis herangezogen. Griffen wir bei dem Familienauslöscher Ludwig Gass auf den Text eines Einblattdruckes zurück, dessen Verfasser wohl ein Pfarrer gewesen sein dürfte, entlehnten wir den Fall der Anna Przygodda den herausragenden Werken Hugo Friedländers.
Als Besonderheit dürften für diesen Band die zahlreichen zitierten Quellen sein, wie z. B. die Listen der geraubten Sachen aus dem Schloß des …
(…) Die Preußische Kriminalchronik hingerichteter Verbrecher stellt die wohl bekanntesten Kapitalverbrecher und Verbrechen aus der preußischen Kriminalgeschichte vor, erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr sei den geschätzten Lesern ein Querschnitt dargeboten, der vom Goldmacher über Mordbrenner, Familienauslöscher, Raubmörder und einen weiblichen Blaubart reicht. Dabei wurde ein besonderes Augenmerk auf die vielschichtige Art der Quellen und Literatur gelegt, um dem Leser in der Unterschiedlichkeit der Quelle obendrein ein besonderes Lesevergnügen zu verschaffen. Folgt zum Beispiel die Geschichte vom Goldmacher Cajetano einer Erzählung aus einem alten Pitaval, wurde für den Fleischergesellen Gurlt sein Lebenszeugnis herangezogen. Griffen wir bei dem Familienauslöscher Ludwig Gass auf den Text eines Einblattdruckes zurück, dessen Verfasser wohl ein Pfarrer gewesen sein dürfte, entlehnten wir den Fall der Anna Przygodda den herausragenden Werken Hugo Friedländers.
Als Besonderheit dürften für diesen Band die zahlreichen zitierten Quellen sein, wie z. B. die Listen der geraubten Sachen aus dem Schloß des Königs oder die Sammlung von Gedichten und Wörtern aus dem Sprachgebrauch des Mordbrenners Horst und seiner Geliebten. Interessant sind desgleichen die zum Teil ziemlich modern anmutenden Überlegungen des zeitgenössischen Herausgebers über die Zustände im Gefangenhaus zu Berlin zu Zeiten des Raubmörders Hobus.
Die ausgewählten und meistens zeitgenössischen Autoren betrachteten den Verbrecher und seine Tat mehr oder weniger in seinem ganzen Umfang in ihrem historisch-gesellschaftlichen Umfeld. Zählt der Autor zur Justiz oder Polizeibehörde des Königreichs, desto unangefochtener steht er mit seinem Urteil hinter dem des Königs oder seiner Gerichte, die in allen Fällen – so bezeichnet es ja auch schon der Titel der Kriminalchronik – die Todesstrafe vorsahen. Besonders ist dies bei Katte der Fall, dessen Urteil spätere Autoren als „Kabinettsmord“ bezeichneten, obwohl die Argumente des Königs durchaus nachvollziehbar sind.
Die Ausführung der einzelnen Todesstrafen folgt der Rechtsprechung der Carolina, der Peinlichen Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532, ist also noch mittelalterlich geprägt. Besonders deutlich wird das bei den Mordbrennern, die ebenfalls verbrannt werden (Spiegelstrafe). Relikte mittelalterlicher Gerichtsbarkeit kommen auch noch bei Hobus zum Tragen, der zur Strafverschärfung auf einer Kuhhaut zum Rabenstein geschleift werden soll, um dann die Strafe des Rades zu erdulden – doch begnadigte man ihn mit der milderen Strafe der Enthauptung mit dem Beil!
Glücklicherweise ist in Deutschland die Todesstrafe mittlerweile abgeschafft, wenngleich immer öfter Stimmen laut werden, sie bei besonders schlimmen Tätern und Fällen, die die Sinne des Volkes besonders sensibilisieren, wieder einzuführen. Doch damit werden die Ursachen von Verbrechen nicht bekämpft, maximal Widerholungstaten ausgeschlossen – beim Freigang oder bei vorzeitiger Entlassung von unheilbaren Tätern. Die jeweils herrschende Gesellschaft steht im engen Zusammenhang zu den in ihr herrschenden Verbrechen und so war es auch im alten „Preußen“.
Betrachtet man die einzelnen Fälle genauer, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, als daß sich die Motive kaum geändert haben und tatsächlich: Gier trieb Runck und Stieff zum Diebstahl, obwohl sie doch ausreichend finanziell abgesichert waren; Rache beherrschte Anna Sotmeyer; Scham und Verzweiflung trieb die Kindesmörderin; das Geld der Anderen machte Hobus, Gurlt und Masch zu Mördern. Der eine bereute, der andere nicht. Einer mordete aus Not, der andere um sich noch weiter zu bereichern und um sich ein angenehmes Leben zu verschaffen. Verständnis für Gurlt, Abscheu für Masch – das empfinden wir heute. Gier trieb ebenfalls die ihre Männer mordende Anna Przygodda, die „Elfriede Blauensteiner Preußens“. Über sie brauchen wir hier nichts weiter zu sagen. Das überlasse ich vertrauensvoll Hugo Friedländer.
Und dann wäre da noch der Familienauslöscher Gass, der im Blackout seine Familie ermordet und dafür, nach einem mißlungenen Selbstmordversuch, hingerichtet wird. Noch heute, im Deutschland des 21. Jahrhunderts löschen pro Woche ein Familienauslöscher bzw. eine Familienauslöscherin aus sozialer und psychologischer Verzweiflung ihre Familie aus. Sie halten dem Druck der Gesellschaft mit ihren finanziellen und materiellen Verpflichtungen nicht mehr stand, wollen ihre Familien lieber tot als verarmt sehen. So das Motiv, stark vereinfacht. (…)
Auf einen Anmerkungsapparat wurde verzichtet. Die Abbildungsnachweise flossen in den Bildunterschriften ein. Bei Quellen/ Literatur/ Anmerkungen findet die geneigte Leserschaft die benutzen Werke. Zitate stehen kursiv, Erläuterungen in Klammern im Text