Kurzweilig geschrieben und pointiert
4 stars
Kindler schreibt leidenschaftlich und präzise über die Problemursachen, die im Krach des Alltags untergehen.
160 pages
Deutsch language
Published by Rowohlt Taschenbuch.
Jean-Philippe Kindler ist auf der Suche nach neuen gesellschaftlichen Konzepten. Er geht mit sich, seiner Generation und den Linken genauso hart ins Gericht wie mit den Konservativen und dem Kapitalismus – ein wütendes, inspirierendes, langersehntes Buch.
Selflove? Warum? Wenn jeder nur an sich denkt, ist an niemanden gedacht. Wir müssen das individuelle Wohl wieder stärker in Beziehung zum Wohl der Allgemeinheit setzen und Armut, Glück, Klimakrise und Demokratie mehr denn je zu politischen Kampfzonen erklären. Für ein gutes Leben für alle.
«Auf den ersten Blick scheinen junge Menschen ungemein politisch zu sein. Sie sind sprachsensibel, sie sind rassismuskritisch, sie geben bußfertig Beichte über ihre unverdienten Privilegien ab. Sie sind laut Tinder-Biografie äußerst empathisch und kennen ihren Persönlichkeitstyp, sie ernähren sich vegan und verzichten aufs Fliegen ... Jene Konzepte individueller Glücksmaximierung scheinen aber nur auf den ersten Blick ein kulturelles Gegenprogramm zur neoliberalen Anforderung der Selbstoptimierung zu sein. Denn auch in …
Jean-Philippe Kindler ist auf der Suche nach neuen gesellschaftlichen Konzepten. Er geht mit sich, seiner Generation und den Linken genauso hart ins Gericht wie mit den Konservativen und dem Kapitalismus – ein wütendes, inspirierendes, langersehntes Buch.
Selflove? Warum? Wenn jeder nur an sich denkt, ist an niemanden gedacht. Wir müssen das individuelle Wohl wieder stärker in Beziehung zum Wohl der Allgemeinheit setzen und Armut, Glück, Klimakrise und Demokratie mehr denn je zu politischen Kampfzonen erklären. Für ein gutes Leben für alle.
«Auf den ersten Blick scheinen junge Menschen ungemein politisch zu sein. Sie sind sprachsensibel, sie sind rassismuskritisch, sie geben bußfertig Beichte über ihre unverdienten Privilegien ab. Sie sind laut Tinder-Biografie äußerst empathisch und kennen ihren Persönlichkeitstyp, sie ernähren sich vegan und verzichten aufs Fliegen ... Jene Konzepte individueller Glücksmaximierung scheinen aber nur auf den ersten Blick ein kulturelles Gegenprogramm zur neoliberalen Anforderung der Selbstoptimierung zu sein. Denn auch in den unzähligen Aufforderungen sich selbst und den unperfekten Körper zu lieben, seine Mitmenschen korrekt und sprachsensibel anzusprechen, sich nachhaltig und emissionsarm zu verhalten, blitzt die Obsession mit dem eigenen Selbst ganz deutlich auf.» Jean-Philippe Kindler
Kindler schreibt leidenschaftlich und präzise über die Problemursachen, die im Krach des Alltags untergehen.
Auf jeden Fall viele streitbare Meinungen auf relativ wenigen Seiten. Teilweise ist es zu kurz gedacht und mich nervt, dass Kindler Identitätspolitik als unvereinbar mit fundamentaler linker Politik ansieht. Klar ist es nicht sinnvoll, sich in Diskussionen über Identität zu verlieren, sodass andere Themen auf der Strecke bleiben. Aber Intersektionalität is a thing, you know? Und sind wir nicht alle schon weiter? White Feminism, choice Feminism... das haben wir doch eigentlich schon hinter uns gelassen, oder? Meiner Meinung nach funktioniert Klassenkampf nur, wenn er gleichzeitig feministische, antirassistische und pro LGBTQIA+ Werte vertritt.
Kleine Meckereien:
- Was Kindler mit seinem Plädoyer für Paarbeziehungen bezwecken wollte, ist mir unbegreiflich. Und das sage ich, für die eine poly Beziehung auch nicht infrage käme... Was hat das in einem Buch über Klassenkampf verloren? Ich finde ja den Gedanken gut und richtig, dass Frauen die sexuelle Revolution oft als Befreiung verkauft wird, obwohl sie sich …
Auf jeden Fall viele streitbare Meinungen auf relativ wenigen Seiten. Teilweise ist es zu kurz gedacht und mich nervt, dass Kindler Identitätspolitik als unvereinbar mit fundamentaler linker Politik ansieht. Klar ist es nicht sinnvoll, sich in Diskussionen über Identität zu verlieren, sodass andere Themen auf der Strecke bleiben. Aber Intersektionalität is a thing, you know? Und sind wir nicht alle schon weiter? White Feminism, choice Feminism... das haben wir doch eigentlich schon hinter uns gelassen, oder? Meiner Meinung nach funktioniert Klassenkampf nur, wenn er gleichzeitig feministische, antirassistische und pro LGBTQIA+ Werte vertritt.
Kleine Meckereien:
- Was Kindler mit seinem Plädoyer für Paarbeziehungen bezwecken wollte, ist mir unbegreiflich. Und das sage ich, für die eine poly Beziehung auch nicht infrage käme... Was hat das in einem Buch über Klassenkampf verloren? Ich finde ja den Gedanken gut und richtig, dass Frauen die sexuelle Revolution oft als Befreiung verkauft wird, obwohl sie sich für Frauen auch (unter anderem) nachteilig ausgewirkt hat. Aber insgesamt war der Abschnitt sehr wirr, viel zu kurz und gerade im Bezug auf soziale Ungerechtigkeit könnte man eine klassische Beziehung ja eher wieder als Korsett für Frauen werten.. Es war mMn einfach ein unnötiger und wenig durchdachter Abschnitt.
- Die Sprache. Können wir bitte aufhören, so geschwollen daher zu reden? Insbesondere, und gerade, wenn es um Klasse geht? Ich fand es unfreiwillig komisch, wie Kindler einerseits intellektuelle "Lifestyle Linke" (diesen Begriff hasse ich übrigens aus tiefster Seele) angreifen will, aber andererseits keinen Satz in einfacher Sprache schreiben kann oder will... Es ist eine Kunst, komplexe Sachverhalte in einer verständlichen Sprache wiederzugeben.
Insgesamt fand ich dieses Büchlein interessant und viele seiner Punkte würde ich genauso unterschreiben. In Erinnerung bleiben wird es mir aber nicht.
Ich kann mit diesem Buch wenig anfangen. Unklar, obs eine genervte Kritik an ~~den Linken~~ sein soll oder ein Vorschlag für eine linke politische Kommunikationsstrategie. Oder eine auf Twitter basierende Karikatur, die so vermutlich auch der politische Gegner unterschreiben würde. Die Fallbeispiele sind die Best-Ofs, was an Empörungs-Content die letzten 5 Jahre durchs Internet geisterte. Nebenan gibts Hot Takes zu Hook-Up Culture und alternativen Beziehungsmodellen als Ausdruck von internalisiertem Neoliberalismus. Leider keine Empfehlungen an politischer Strategie jenseits von Gemeinplätzen (wir müssen außerhalb unserer Bubbles agitieren!) Würde "Politics of Everybody" in jeder Hinsicht anstatt dieses Buches empfehlen.