Norrsken reviewed Mona: Und täglich grüßt der Erzdämon by I. B. Zimmermann (Mona, #1)
Etikettenschwindel
2 stars
„Mona – und täglich grüßt der Erzdämon“ kann vermutlich ein ganz netter Zeitvertreib sein, wenn die Erwartungshaltung stimmt. Unter diesen Gesichtspunkten wäre das Buch für mich allerdings auch maximal 3 Sterne. Meine Erwartungshaltung vor dem Lesen aber leider eine ganz andere und damit war es zwischenzeitlich ein wirklich beschissenes Leseerlebnis. Die Crux an der Sache ist, dass die Erwartungshaltung nicht durch Reviews oder Empfehlungen entstand, sondern durch die offizielle Promo zum Buch durch die Autorin.
Das Ganze beginnt damit, dass die „Mona“-Reihe als FUNtasy gelabelt wird. Also eine humorvolle Geschichte. Auf ihrer Homepage vergibt Kritzelpixel für den Humor in ihrem Buch 7 von 10 lila Herzen. Ich für meinen Teil – und die Freundin, die ich genötigt habe, mit mir zu lesen – haben über das ganze Buch kein einziges Mal gelacht. Jeder von uns hatte meine ich eine einzige Stelle bei der wir geschmunzelt haben und ansonsten dachten wir …
„Mona – und täglich grüßt der Erzdämon“ kann vermutlich ein ganz netter Zeitvertreib sein, wenn die Erwartungshaltung stimmt. Unter diesen Gesichtspunkten wäre das Buch für mich allerdings auch maximal 3 Sterne. Meine Erwartungshaltung vor dem Lesen aber leider eine ganz andere und damit war es zwischenzeitlich ein wirklich beschissenes Leseerlebnis. Die Crux an der Sache ist, dass die Erwartungshaltung nicht durch Reviews oder Empfehlungen entstand, sondern durch die offizielle Promo zum Buch durch die Autorin.
Das Ganze beginnt damit, dass die „Mona“-Reihe als FUNtasy gelabelt wird. Also eine humorvolle Geschichte. Auf ihrer Homepage vergibt Kritzelpixel für den Humor in ihrem Buch 7 von 10 lila Herzen. Ich für meinen Teil – und die Freundin, die ich genötigt habe, mit mir zu lesen – haben über das ganze Buch kein einziges Mal gelacht. Jeder von uns hatte meine ich eine einzige Stelle bei der wir geschmunzelt haben und ansonsten dachten wir nur: „Ah ja, das hier soll vermutlich lustig sein“. Das war schon sehr ernüchternd. Natürlich ist Humor Geschmackssache, darum möchte ich gern versuchen, den Humor in „Mona“ zu beschreiben. Dieser baut auf zwei Dingen auf. Das eine sind popkulturelle Anspielungen auf bekannte Franchises, die einzig davon Leben, was die Franchises sich aufgebaut haben. Das andere sind überzeichnete Figuren, sie so überspitzt sind, dass hier nicht mehr von Charakteren gesprochen werden kann, sondern von Karikaturen. Auf der Homepage wird von karikativen Charakteren gesprochen, aber nein. Es sind eine Karikaturen. Der beste Vergleich hierzu sind für mich die Figuren aus der Bully Parade bzw. den Bully Filmen. Auf dem Level bewegen sich die Figuren aus „Mona“. Allerdings fehlt das Handwerk. Insgesamt wirkt es auf mich so, dass in Sachen Humor nicht verstanden wurde, dass es sich hierbei auch um ein eigenes Handwerk handelt, dass gelernt werden müsste. Klar, jeder kann einen Fritzchen-Witz erzählen, aber nicht jeder von denen hat das Handwerk drauf, um Comedian zu werden. Wenn ein Buch in Eigenbewertung der Autorin mit 7 von 10 Herzchen bewertet wird, dann erwarte ich mehr als Karikaturen und Popkulturreferenzen.
Die nächste Sache ist der Klappentext. Der dort beschriebene Plot des Buches braucht Ewigkeiten um zu passieren. Das ist ein klischeehaftes Leiden deutscher Literatur. Je nach Genre und Handlung lässt sich das besser verschmerzen. Hier jedoch wurde sich fast ein halbes Buch lang mit Nonsens aufgehalten. Da die Figuren reine Karikaturen sind, weiß man nach den ersten 5 Zeilen bereits alles über sie und muss sie nicht erst besser kennenlernen. Für Worldbuilding wird die Zeit auch nicht genutzt, weil in den ersten Kapiteln über Infodumps sehr deutlich gemacht wird, dass Magie langweilig ist. Von Kritzelpixel wird das Magiesystem auch als Soft bezeichnet, weshalb gar nicht nach irgendwelchen Ebenen oder Strukturen gesucht werden muss. Die Magischen Wesen der Reihe haben auch keine Eigenheiten und könnten als Halloweenkostüm im Karnevalsladen eingekauft werden. Da hatten die Vampire aus Twilight mehr Wiedererkennungswert. Wenn die Handlung dann mal losgeht, kommt zu der im Fokus stehenden Beziehung von Mona und Balthasar aber auch nicht viel. Er taucht auf, beschwert sich, regelt und verschwindet. Angeblich flirten die beiden immer Mal wieder miteinander, aber das wird nur gesagt und nicht gezeigt. Bis zuletzt weiß Mona ziemlich genau gar nichts über Balthasar und was genau die beiden jetzt Verbinden soll abseits von ihrem Pakt und „weil der Plot es so will“ ist mir immer noch Schleierhaft. Zum Krimi der Handlung lässt sich nach Band 1 wenig sagen, da er kaum stattfindet. Vielleicht gibt es hierzu mehr in den beiden Folgebänden.
Die Punkte, die mir persönlich am meisten Aufstoßen, weil sie mich am meisten Enttäuscht haben sind die angebliche Queerness der Figuren und die Gesellschaftskritik.
Zur Gesellschaftskritik ganz schnell: die existiert nicht, außer die Aussage „Schule ist blöd!“ eines Sechstklässlers gilt als Kritik am deutschen Bildungssystem. Das ist in etwa das Level. Kirche ist blöd. Behörden sind blöd. ÖPNV ist blöd. Papierkram ist blöd. Die „Kirchenkritik“ hat fast was zynisches, weil die gesamte Erzählung hauptsächlich auf den christlichen Glauben referenziert. Zu Balthasar wird vielleicht drei Mal gesagt, dass er ursprünglich mal ein Gott war, aber der ist jetzt ein Erzdämon und Verwaltet die Hölle, weil natürlich richten sich die Mythologischen Wesen nach dem, was die Kirche für sie festlegt. Es fällt kurz vor Ende vielleicht einmal der Satz „ja, weil die Kirche immer alles korrekt macht“. Das ist aber einfach viel zu wenig im Vergleich zu dem, was einem da vorher alles von der Erzählung vorgesetzt wurde. Tatsächlich ist diese angebliche Gesellschaftskritik der größte Witz des Buches, weil die Erzählung einem die Figuren als super alternativ und aufgeklärt vorgestellt werden und es einfach nicht sind.
Bei der Queerness ist es ähnlich bzw. hier findet der größte Etikettenschwindel statt. Alle Figuren sollen Queer sein und tatsächlich flirten Boris und Mona ab und zu mal gleichgeschlechtlich. In Nebensätzen, mit so irrelevanten Figuren, dass sie nicht mal Namen haben. Die bisher einzigen erzählten Liebesgeschichten sind beide heteronormativ dargestellt. Also männlich und weiblich gelesene Figur, die weibliche und männliche Stereotypen abbilden. Und ehrlich? Wenn Boris in einem der Folgebände doch noch einen Kerl daten sollte, ist das irgendwie auch nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein bzw. auch wieder das Klischee des Quotenschwulenprächens … nachdem er schon das Klischee des schwulen besten Freundes darstellt (wobei er nicht schwul ist, eher bi, aber hier hört es auch auf mit den Nuancen). Mona soll angeblich Demisexuell sein, allerdings ist das wohl die unglücklichste Repräsentation, die sich ausgesucht werden konnte. Demisexuelle Menschen verspüren Anziehung erst nachdem sie eine enge Bindung zu einem Menschen aufgebaut haben. Es ist diskutabel, ob Mona jetzt wirklich Demisexuell und/oder Demiromantisch ist, allerdings macht beides keinen Unterschied. Nach Balthasars Erscheinen springt sie quasi umgehend auf ihn an, findet ihn heiß, hat Schmetterlinge im Bauch und so weiter. Wie bereits erwähnt, weiß sie bis zum Ende des ersten Bandes nichts über ihn und ihre gemeinsamen Szenen beschränken sich auf: er wird beschworen > er beschwert sich > angeblich flirten sie > er verschwindet. Woher da eine Bindung kommen soll, ist mir Schleierhaft. Zynisch betrachtet ist es eine „Ach, er löst alle meine Probleme ♥“-Schwärmerei und das wird als Demisexuell gelabelt. Die zweite Person, bei der die Queerness zum reinen Etikettenschwindel wird, ist Balthasar. In einem Nebensatz wird gedropt, er ist ein Shapeshifter und kann sich gerne auch als Frau auftreten, wenn das Mona lieber wäre. Das war es. Shapeshifter sind eine nette Power Fantasy für Genderfluidität, aber die wird so überproportional genutzt. Aber was viel wichtiger ist: es wird nur gesagt und nie gezeigt. Balthasar ist über das gesamte Buch hinweg ein Vorzeigeexemplar der Power Fantasy eines cis heteronormativen Mannes: groß, gutaussehend, mächtig, reich, selbstbewusst und bei Frauen beliebt. Und da er sowieso nur auftaucht um Monas Probleme für sie zu lösen, kommt da auch nichts, was irgendwie zeigen würde, dass er mit seinem Gender struggelt. Und klar, lassen sich dafür Erklärungen finden, wieso es so ist wie es ist, aber es bleibt ein Etikettenschwindel, wenn die Figur als Genderfluid promotet wird und nichts davon zu sehen ist. Allerdings gibt es noch eine Repräsentation von Queerness, die tatsächlich gezeigt wird und das ist die einer trans Person. Eine verstorbene Person, deren Fluch sich verkehrt hat, weil sie misgendert wurde und tatsächlich zeigt Mona an dieser Stelle einmal, dass sie sich um Dinge kümmern möchte (allerdings ist das bisher nicht passiert), damit die Akten korrekt gegendert sind. Jedoch – und es hat mich ganz schlimm zum Schnaufen gebracht – wird im Zusammenhang mit dieser einen sichtbaren Repräsentation das Thema gendergerechte Sprache aufs schlechteste aufgegriffen. Die trans Person ist ein Skelett und identifiziert sich selbst als weiblich. Dass in diesem Zusammenhang Akten angepasst werden sollen und weibliche Pronomen für sie verwendet werden ist gut und richtig. Kritzelpixel beginnt jedoch damit das Wort „Skelett“ zu gendern in „Skelettin“ und … es tut mir Leid, das ist auf dem Level von „Salzstreuerin“ und einfach Futter für Leute, die auf gendergerechte Sprache schimpfen. Skelett ist ein wunderbar neutraler Begriff, sogar mit neutralem Artikel: „Das Skelett“. Es gab sogar Kampagnen dazu, die mithilfe des Skeletts aufzeigen sollten, dass Menschen kein sichtbares Geschlecht haben, weil Menschen – wenn sie nicht gerade Bio oder Medizin studiert haben – ein Geschlecht anhand des Skeletts nicht erkennen können. Also ist es nicht mal so, dass dieser Begriff zwar neutral, aber mit männlicher Konnotation existiert, wie bei „Der Arzt“ oder „Der Rechtsanwalt“ zu denen es auch keine passende Genderneutrale Form gibt, wie es sie bei Lehrer*in mit Lehrkraft oder Lehrende geben würde. „Das Skelett“ ist an sich für genderneutrale Sprache perfekt und die Idee, das Wort zu movieren, zeigt mir, dass die Thematik von der Autorin nicht verstanden wird. Und konsequent durchgezogen wird es auch nicht, denn als Synonym für „Skelettin“ wird dann aber „Gerippe“ verwendet.
Randnotiz, weil es mir gerade noch mal eingefallen ist: Ähnlich schlecht ist btw. auch der Umgang mit der angedeuteten Gewalt in einer toxischen Beziehung. Davon zu sprechen, dass eine gewaltbereite Person wütend wird, nachdem sie beinahe angezündet wurde, nimmt dem eigentlichen Problem den Fokus, weil … also ich kann verstehen, wieso man wütend wird, wenn man fast angezündet wurde. Das ist keine Hilfe für Opfer.
Sowieso beißt sich in diesem Buch das Gezeigte meistens mit dem Gesagten. Angeblich ist Mona auch ach so tollpatschig und schlecht in Magie und ihr passieren so viele schlimme Dinge und sie hat nur Pech. Das wird behauptet, davon gibt es aber nix zu sehen, dass sich einem die Frage aufdrängt, was jetzt eigentlich ihr Problem ist (es lässt sie leider manchmal wie eine privilegierte Göre mit First World Problems erscheinen). Das Mona einfach schnell überfordert ist, dass wird gezeigt, aber nicht so genannt.
Also wer ein repräsentatives queeres Buch mit einer fantasievollen magischen Welt erwartet, wird enttäuscht. Wer hingegen mit einer heteronormativen Liebesgeschichte rechnet, in der ein Mauerblümchen auf die Power Fantasy eines cis heteronormativen Mannes trifft, der in ihr was Besonderes sieht (weil sie so anders ist), und all ihre Probleme löst, bekommt nach einem laaangatmigen Start genau das.
Ansonsten noch zur Gestaltung: die Schmuckausgabe ist mit ihrem Cover, dem Farbschnitt und den Illustrationen auf der Innenseite des Einbandes wirklich hübsch. Die restliche Gestaltung des Buches hat mehr was von Kinderbuch bis 10 Jahren. Immer wieder sind generisch irgendwelche Symbole auf die Seiten geprintet und ab und zu gibt es Bullet Journal Seiten, die keine Handlungsrelevanz haben (ich glaube ohne diese Seiten, wüsste man nicht mal, dass Mona ein Bullet Journal führt…).