Jens reviewed Die Wut, die bleibt by Mareike Fallwickl (Rowohlt Hundert Augen)
Review of 'Die Wut, die bleibt' on 'Goodreads'
3 stars
Wütend hinterlässt mich dieses Buch teilweise - vor allem die erste Hälfte ist ein echter Pageturner, der mir die Trauer der Hinterbliebenen und die Wut über die oft schrecklichen Umstände von Frauen in unserer Gesellschaft sehr deutlich gemacht hat. Ich fühlte mich geradezu hingesogen in die negativen Gefühle - ein Beweis für die bemerkenswerten Fähigkeiten der Autorin.
Je weiter ich im Buch kam und je mehr ich der Handlung gefolgt bin, desto unbehaglicher wurde es mir. Das lag an der verurteilenswürdigen Misogynie der Charaktere und der Gesellschaft -- allerdings auch am Buch selbst.
Die negativen Gefühle zu Helenes Tod (von dem wir schon im Klappentext lesen) waren mir einfach zu viel. Dutzende Seiten las ich über Trauer und Wut und Hofflungslosigkeit und klägliche Versuche, das Leben weiterzuführen ohne die eigene Mutter, Freundin, Ehefrau -- das war schwer zu ertragen. Weniger Raum für diesen Aspekt wäre aus meiner Sicht besser gewesen, …
Wütend hinterlässt mich dieses Buch teilweise - vor allem die erste Hälfte ist ein echter Pageturner, der mir die Trauer der Hinterbliebenen und die Wut über die oft schrecklichen Umstände von Frauen in unserer Gesellschaft sehr deutlich gemacht hat. Ich fühlte mich geradezu hingesogen in die negativen Gefühle - ein Beweis für die bemerkenswerten Fähigkeiten der Autorin.
Je weiter ich im Buch kam und je mehr ich der Handlung gefolgt bin, desto unbehaglicher wurde es mir. Das lag an der verurteilenswürdigen Misogynie der Charaktere und der Gesellschaft -- allerdings auch am Buch selbst.
Die negativen Gefühle zu Helenes Tod (von dem wir schon im Klappentext lesen) waren mir einfach zu viel. Dutzende Seiten las ich über Trauer und Wut und Hofflungslosigkeit und klägliche Versuche, das Leben weiterzuführen ohne die eigene Mutter, Freundin, Ehefrau -- das war schwer zu ertragen. Weniger Raum für diesen Aspekt wäre aus meiner Sicht besser gewesen, auch um mehr Zeit dafür zu haben, wie die Beteiligten mit der neuen Situation umgehen.
Nicht geholfen hat mir beim Lesen, dass ausnahmslos alle männlichen Charaktere in diesem Buch Frauenfeinde unterschiedlicher Ausprägung sind. Ein Roman muss nicht zu 100% die Realität abbilden (im Gegenteil!), hier wurde für meinen Geschmack allerdings zu dick aufgetragen. Das machte das Buch für mich noch schwerer erträglich und vergab aus meiner Sicht Chancen auf eine differenziertere Perspektive.
Nach einiger Zeit nahm auch die Handlung für mich völlig unglaubwürdige Wendungen und ich fand die Reaktionen der Charaktere auf schockierende Ereignisse erschütternd lasch. Das hat mich nicht überzeugt und mich sehr schnell aus der Illusion herausgeholt, am Leben der Charaktere teilzuhaben.
Eine sehr deutliche Rolle spielt im Buch auch die COVID-19-Pandemie mit ihren sozialen Auswirkungen, vor allem auf Frauen, Kinder und Jugendliche. Das ergibt zunächst Sinn; gleichzeitig wirkt das Buch dadurch auf mich unangenehm tagesaktuell. Ich frage mich, wie Leser*innen in der Zukunft mit diesem Setting umgehen werden.
Alles in allem ein lesenswerter Roman für alle mit starken Nerven. Ich hoffe, dass vor allem viele Männer zu diesem Buch greifen, um eine wichtige andere Perspektive besser zu verstehen. Ein besonderes Lesevergnügen sollten die Interessierten allerdings nicht erwarten.