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Susanne Abel: Stay away from Gretchen: Eine unmögliche Liebe (Paperback, German language, 2023, dtv) 5 stars

Ich bin froh, auf dieses Buch gestoßen zu sein.

5 stars

Eine fiktionale Geschichte auf der Basis historischer (NS-Zeit), aktueller (2015) und medizinischer (Alzheimer, Demenz) Fakten, die von der Autorin sorgsam recherchiert und sorgfältig im Buch verarbeitet wurden. Sie hat mich in den Bann gezogen und die Entstehung unterschiedlicher Haltungen in der NS-Zeit sehr nachvollziehbar gemacht. Abstraktes bekam ein Gesicht, und das sehr eindrücklich.

Die Erzählung beginnt im Jahr 2015. Durch die Entdeckung der Demenz seiner Mutter, Fundstücke in ihrer Wohnung, sowie zwiespältige Erinnerungen an sein von Schwierigkeiten begleitetes Aufwachsen in seiner Familie, wird ein Sohn motiviert, zur Vergangenheit seiner Mutter zu recherchieren.

Die Kapitel des Buches wechseln zwischen der Gegenwart des Sohnes und der Vergangenheit; Kindheit und Werdegang der Mutter werden dem Leser sehr eindrücklich geschildert, während die Erkenntnisse des Sohnes nur an der Oberfläche kratzen. Aber auch dort findet er jede Menge!

Neben der nachvollziehbaren Schilderung, wie Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene in die Indoktrination Nazi-Deutschlands geraten und sich diese Ideologie im Alltag aller einnistet, hat mich das Schicksal der afroamerikanischen Soldaten am meisten beeindruckt, denn darüber wusste ich bisher nichts.

Sie „durften“ zunächst nicht kämpfen, da es keine schwarzen Helden geben sollte, und wurden schließlich aber notgedrungen und wohl äußerst erfolgreich im Krieg gegen Nazi-Deutschland eingesetzt. Als Teil der Besatzungsmacht genossen sie dann in Deutschland deutlich mehr Freiheiten als in ihrer Heimat, auch wenn sie nach wie vor auch hier US-Soldaten „zweiter Klasse“ waren. Nach ihrer Rückkehr nach Amerika lehnten sie sich gegen die dortige Unterdrückung auf und wurden ein starker Motor im Civil Rights Movement.

Auch das traurige Schicksal der meisten „Mischlingskinder“, die aus Beziehungen mit afroamerikanischen Besatzungssoldaten hervorgingen, sowie der „Brown Baby Plan“, der für eine „Rückführung“ dieser Kinder sorgte, die allerdings anschließend auch in Amerika oft kein gutes Leben hatten, sondern als Arbeitskräfte adoptiert wurden, war mir nicht bekannt.

Ich bin froh, auf dieses Buch gestoßen zu sein. Teil 2 steht bereits auf meiner Leseliste.