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Marie Luise Ritter: Vom Glück allein zu sein (Paperback, German language, Piper) 2 stars

Vom Unterschied zwischen Alleinsein und Einsamkeit

Fast alles, was wir zu zweit machen, können wir …

Unsympathisch

2 stars

Ich könnte mich ewig über dieses Buch aufregen. Die erste Hälfte habe ich gerne gelesen, aber so ab Seite 150 war ich nur noch genervt. Die Autorin wurde mir mit jeder Seite unsympathischer und ich hab gemerkt, wie ich fast schon angeekelt gelesen habe.

Inhaltlich geht es darum, dass die Autorin das Alleinreisen für sich entdeckt hat und was sie auf diesen Reisen so erlebt. Wen sie trifft, wie sie sich fühlt, was sie denkt. Es ist also ein sehr egozentrisches Buch, das ab und zu mit ein paar recht oberflächlichen Überlegungen und Zitaten zum Alleinsein gespickt ist. Marie Luise Ritter nimmt uns nicht wirklich in ihren normalen Alltag, sondern immer nur zu ihren Ausbrüchen daraus mit. Die Reisegeschichten blieben für mich dabei leider sehr oberflächlich. Zum Beispiel schreibt sie einmal davon, dass sie plötzlich Panikattacken hat, aber sie schildert nicht wirklich, wie sie sich fühlt und was das mit ihr macht. Stattdessen schreibt sie bloß, dass sie die Attacken eben ausgehalten hat und dann ging es auch schon wieder. Da hätte ich mir viel mehr Tiefgang gewünscht.

Jetzt folgt noch ein inhaltlicher, kniefiesliger Rant: 🙈😅

Thema Kinderwunsch. Sie hat vollkommen recht: Man ist nicht egoistisch, wenn man keine Kinder will. Ich würde ihr auch zustimmen, dass es weitaus egoistischer ist, Kinder in die Welt zu setzen. (Sich dann um diese zu kümmern, ist dann natürlich nicht mehr egoistisch.) Aber als kinderlose Person kann man aus anderen Gründen egoistisch sein... und das ist die Autorin in meinen Augen ganz klar. Es gibt beispielsweise einen Unterschied dazwischen, Grenzen fürs eigene Wohlergehen zu ziehen, und sich einfach permanent und rücksichtslos immer und überall an erste Stelle zu setzen. Wenn dein Opa dir sagt, wie einsam er nach dem Tod deiner Oma ist, dann ruf ihn doch bitte mehrmals wöchentlich an und schau so oft wie möglich bei ihm vorbei, anstatt aus seinem Verlust nur eine Lehre für dein eigenes Leben zu ziehen.

Und wenn deine Freundin zu euren Treffen immer ihre Kinder mitbringt, dann hör auf zu jammern, dass sich die Freundschaft verändert hat. Dann sei einfach mal glücklich, dass sie glücklich ist. Dass ihr beide glücklich seid, obwohl ihr so unterschiedliche Leben führt.

Marie Luise Ritter ist in meinen Augen einfach die Verkörperung des main character syndromes. Sie kam extrem unempathisch rüber und war nie bereit, sich mal länger in andere Personen hineinzuversetzen. Sie wurde mir einfach richtig unsympathisch.

Außerdem hat mich gestört, dass sie auf ihren Reisen anscheinend nur tiefergehenden Kontakt zu anderen rucksackreisenden Europäerinnen und Nordamerikanerinnen hat, aber dann davon redet, dass sie ja so viel Kontakt zu Einheimischen hätte. Die Kontakte, die in das Buch Eingang finden, sind aber ausschließlich mit Servicepersonal... Zwar trifft sie einmal auf einen venezuelanischen Flüchtling, macht aber ihre persönliche White Saviour Story daraus. Und hey, wie sie seine Optik beschrieben hat, fand ich auch unmöglich. Auf diese herablassende Art hat sie echt keine andere Person dargestellt. Ein Gespräch geführt, einmal umarmt, 40 Dollar in die Hand gedrückt und ciao. Als er sich auch Wochen später noch bei ihr meldet, hat sie schon längst keinen Bock mehr, sich mit ihm zu befassen...

Auch sprachlich hat mich das Buch nicht abgeholt. Es sind immer dieselben Phrasen und Metaphern. Die selben dummen Umschreibungen, um ja nie den Vornamen der Person zu wiederholen.