Peter73 reviewed Das Glasperlenspiel by Hermann Hesse
Ordnung, Zweifel, Abschied: Mein Glasperlenspiel
4 stars
Beim Lesen von Hermann Hesses Das Glasperlenspiel betrete ich Kastalien, einen streng geordneten Bildungsstaat, in dem das Spiel als höchste Kunst gilt: eine Verbindung aus Musik, Mathematik und Gelehrsamkeit. Ich verfolge Josef Knechts Weg vom begabten Schüler zum Magister Ludi, bewundert und gebunden zugleich. Seine Meister, der Musikmeister und der Historiker Jakobus, verleihen Orientierung, doch gerade ihre Ruhe schärft meinen Blick für die stille Gefahr der Selbstgenügsamkeit.
Mit Plinio Designori, der die Außenwelt verkörpert, zieht eine Unruhe in mich ein: Wozu dient Kultur, wenn sie sich vor der Wirklichkeit schützt? Knechts innere Korrespondenz, seine wechselnden „Lebensläufe“, lassen mich die Versuchsanordnungen eines ganzen Daseins durchspielen: Dienst, Rückzug, Herrschaft, Demut. Ich empfinde Hochachtung vor seinem Pflichtgefühl und zugleich Beklemmung über die gläserne Reinheit Kastaliens.
Als Knecht das Amt verlässt, um einen Schüler in der Welt zu unterrichten, spüre ich einen letzten, hellen Atemzug der Freiheit. Der Tod im kalten Wasser, …
Beim Lesen von Hermann Hesses Das Glasperlenspiel betrete ich Kastalien, einen streng geordneten Bildungsstaat, in dem das Spiel als höchste Kunst gilt: eine Verbindung aus Musik, Mathematik und Gelehrsamkeit. Ich verfolge Josef Knechts Weg vom begabten Schüler zum Magister Ludi, bewundert und gebunden zugleich. Seine Meister, der Musikmeister und der Historiker Jakobus, verleihen Orientierung, doch gerade ihre Ruhe schärft meinen Blick für die stille Gefahr der Selbstgenügsamkeit.
Mit Plinio Designori, der die Außenwelt verkörpert, zieht eine Unruhe in mich ein: Wozu dient Kultur, wenn sie sich vor der Wirklichkeit schützt? Knechts innere Korrespondenz, seine wechselnden „Lebensläufe“, lassen mich die Versuchsanordnungen eines ganzen Daseins durchspielen: Dienst, Rückzug, Herrschaft, Demut. Ich empfinde Hochachtung vor seinem Pflichtgefühl und zugleich Beklemmung über die gläserne Reinheit Kastaliens.
Als Knecht das Amt verlässt, um einen Schüler in der Welt zu unterrichten, spüre ich einen letzten, hellen Atemzug der Freiheit. Der Tod im kalten Wasser, nüchtern erzählt, erschütternd angedeutet, trifft mich wie ein Echo: Erkenntnis ohne Risiko bleibt steril. In dieser Spannung zwischen Geist und Leben liegt für mich die eigentliche Bewegung des Romans.
Formal erlebe ich das Werk als meditatives Gedankenoratorium: langsame Sätze, präzise Wiederholungen, leichte Ironie. Hesse zeigt mir eine Utopie, die an ihrer Vollkommenheit zu frieren beginnt; und er erinnert mich daran, dass jedes Spiel, so edel es sei, erst im geteilten Leben Sinn erhält. So bleibt mir Knecht als ernstes, leises Vorbild wider die sterile Vollendung und Gegenbewegung.