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Peter73's books

To Read

Bernard Werber: Les Thanatonautes (French language, 1994, Éditions Albin Michel)

L'homme a tout exploré : le monde de l'espace, le monde sous-marin, le monde souterrain …

Grenzgänger des Todes: Mein Blick auf Die Thanatonauten

Wenn ich Die Thanatonauten von Bernard Werber lese, habe ich das Gefühl, einem großen Experiment beizuwohnen. Für mich ist dieser Roman ein eigensinniger Beitrag zu dem, was wir als französische Literatur kennen: spielerisch, spekulativ, philosophisch und zugleich sehr erzählerisch. Die Grundidee wirkt kühn und beunruhigend zugleich: Der Tod wird zu einem Territorium erklärt, das man wie einen neuen Kontinent erforschen kann. Statt Seele und Jenseits im Religiösen zu belassen, rückt Werber sie in ein quasi-wissenschaftliches Labor.

Ich folge Michael Pinson und den anderen Thanatonauten, die mittels kontrollierter Nahtoderfahrungen Karten des „Kontinents der Toten“ erstellen. Ich spüre beim Lesen eine Mischung aus kindlicher Neugier und Unbehagen: Der Roman verknüpft mythologische Vorstellungen, Bibelzitate, esoterische Motive und futuristische Technik zu einem Mosaik, das mich zugleich fasziniert und irritiert. Je genauer die Forscher die Zonen des Jenseits beschreiben, desto stärker empfinde ich die Anmaßung, alles vermessen zu wollen, sogar den Übergang aus dem …

P. D. James: The Children of Men (Paperback, Vintage)

The year is 2021, and the human race is - quite literally - coming to …

Letzte Wiege, leere Straßen: Mein Blick auf Im Land der leeren Häuser

P. D. James’ Im Land der leeren Häuser (The Children of Men) ist ein gutes Beispiel für dystopische Literatur. Seit Jahren werden keine Kinder mehr geboren, die Menschheit altert, Städte verwaisen, Spielplätze verrosten. Ich spüre beim Lesen eine langsame, schwere Trauer, die nicht schreit, sondern in stillen Ritualen nachhallt: Geburtstage ohne Kinder, Katzen und Hunde als Ersatzfamilien, Museen der Erinnerung.

Erzähler ist Theo Faron, ein Oxford-Historiker mit geübter Distanz. Sein Cousin Xan regiert als „Warden of England“ und hält eine müde Ordnung aufrecht, flankiert von entwürdigenden Quietus-Zeremonien. Ich folge Theo, wie er auf eine kleine Widerstandsgruppe trifft, die mehr sucht als Verwaltung des Endes: Gerechtigkeit, Verantwortung, Sinn. In ihrer Mitte steht Julian, und plötzlich zeigt die Geschichte eine Unmöglichkeit, die Hoffnung heißt. Der Weg durch Wälder, verlassene Dörfer und alte Pfarrhäuser wirkt auf mich wie eine Pilgerfahrt ohne Heiligenschein, doch mit ernstem Ziel: das Leben zu schützen, bevor …

Alice Walker: The Color Purple (Paperback, Harcourt)

The Color Purple is the story of two sisters-one a missionary to Africa and the …

Violett als Widerstand: Mein Weg durch The Color Purple

Alice Walkers Die Farbe Lila lese ich als stilles, machtvolles Herzstück der Amerikanischen Literatur. In Briefen, zuerst an Gott, später an die Schwester Nettie, höre ich Celies Stimme: brüchig, vorsichtig, dann fester. Das Briefroman-Format zwingt mich zur Nähe; ich werde Mitleser, Mitwisser, manchmal hilfloser Zeuge. Hinter jedem kurzen Satz spüre ich eine lange Geschichte von Schmerz und der zähen Suche nach Würde.

Ich begleite Celie durch ein Leben, das von patriarchaler Gewalt, Rassismus und ökonomischer Enge geprägt ist. Doch Walker öffnet Räume: Shug Avery, sinnlich, frei, wird für Celie zur Lehrmeisterin der Selbstachtung; Sofia verkörpert trotziges Nein-Sagen; Netties Berichte aus Afrika weiten den Blick, ohne das Lokale zu überblenden. Was mich bewegt, ist der stille Umbau der Welt: nicht durch Pathos, sondern durch kleine, konkrete Handlungen – nähen, arbeiten, schreiben, benennen. Die Farbe Violett wird zum Sinnbild für Aufmerksamkeit: die Fähigkeit, Schönheit wahrzunehmen, auch wenn sie kaum zu …

Agatha Christie: They Came to Baghdad (Agatha Christie Collection) (2001, Collins Crime)

E-book exclusive extras: 'Agatha Christie in Baghdad,' extensive selections from Agatha Christie: An Autobiography. Plus: …

Wüstensand, Tarnnamen, Zufall: Mein Weg durch „They Came to Baghdad“

Agatha Christies Roman trifft mich als schneller, staubiger Spionagesturm. Ich begleite die impulsive Londoner Stenotypistin Victoria Jones, die einem flüchtigen Charmeur nach Bagdad folgt und dort in eine internationale Verschwörung gerät. Eine geheime Konferenz soll über Frieden reden, doch Schattenleute planen Sabotage. In einem Hotelkorridor stirbt ein Mann in Victorias Armen und flüstert letzte Worte – plötzlich trage ich mit ihr eine Botschaft, deren Sinn ich erst viel später begreife. Bazaare, Botschaften, Hinterzimmer: Ich spüre Hitze, Misstrauen und die seltsame Leichtigkeit, mit der Identitäten wechseln.

Christie erzählt ohne Poirot und Marple, dafür mit Tempo, Verkleidung und Reiseglanz. Ich mag Victorias Einfallsreichtum: Sie stolpert, lernt, riskiert, improvisiert. Ein Ausflug zu einer archäologischen Grabung öffnet mir einen zweiten Horizont: Staubige Schichten der Geschichte reiben sich an kalten Gegenwarten der Politik. Zwischen falschen Pässen, toten Winkeln und Doppelspielen tauchen klare Motive auf: Gier nach Einfluss, Heilsversprechen von Ideologien, Sehnsucht nach Bedeutung. Ich …

reviewed Joseph und seine Brüder by Thomas Mann (Stockholmer Gesamtausgabe der Werke von Thomas Mann)

This remarkable new translation of the Nobel Prize-winner’s great masterpiece is a major literary event.

Genealogie, Traum, Versöhnung: Mein Weg durch Joseph und seine Brüder

Die Tetralogie Joseph und seine Brüder von Thomas Mann lese ich als weit ausgreifenden Kommentar zu Herkunft, Zeit und Erzählbarkeit. Aus der biblischen Vorlage formt Mann ein Epos in vier Büchern: Die Geschichten Jakobs, Der junge Joseph, Joseph in Ägypten, Joseph der Ernährer. Ich folge Jakob, seinen Söhnen und vor allem Joseph, dessen Sturz in die Grube, Verkauf nach Ägypten und späterer Aufstieg mich zugleich mythisch erhebt und menschlich berührt. Die Träume weisen den Weg; ihr Sinn schält sich langsam aus Sprachspielen, Etymologien und gelehrten Parallelen zu altorientalischen Mythen.

Besonders bewegt mich Mut-em-enet, Potiphars Frau. In einer einzigen Szene bündeln sich Versuchung, Macht und Verletzlichkeit. Josephs Weigerung wirkt nicht asketisch, sondern klug, weil sie aus Selbstachtung entsteht. Im Gefängnis, wo er Träume deutet, spüre ich das Grundmotiv des Werks: Wissen als Dienst. Wenn er schließlich die Visionen des Pharao erklärt und zum Verwalter wird, sehe ich eine Ethik der …

The Robbers (Die Räuber, German pronunciation: [diː ˈʁɔʏbɐ] (listen)) is the first drama by German …

Blut, Freiheit, Bruderzwist: Mein Blick auf Schillers Die Räuber

Ich lese Friedrich Schillers Drama Die Räuber als leidenschaftliche Untersuchung von Freiheit, Macht und Verantwortung. Im Zentrum stehen die Brüder Karl und Franz Moor: Karl, der begabte, idealistische Student; Franz, der kalte Intrigant. Durch gefälschte Briefe enteignet Franz den Bruder beim Vater Maximilian, während Karl, von vermeintlicher Verstoßung getroffen, in den Wald flieht und eine Räuberbande anführt. Was als Rebellion gegen Heuchelei beginnt, kippt in Terror: Befreiungen, Brandstiftungen, Gewalttaten....

In der Heimat hält Franz den Vater gefangen und hofiert Amalia, Karls treue Geliebte. Die Szenen im Schloss berühren mich durch ihre düstere Moralphysik: Schuld häuft sich, Liebe bleibt klar, doch ohnmächtig. Als Karl inkognito zurückkehrt, erkennt er die Verwüstung, die sein Idealismus freigesetzt hat. Franz stürzt, von Angst und Schuld zernagt, in den Selbstmord. Maximilian stirbt, Amalia verweigert jede Lüge.

Der Schluss trifft mich mit kalter Nüchternheit: Karl tötet auf Amalias Bitte die Frau, die er liebt, weil …

Hermann Hesse: Das Glasperlenspiel (German language, 2002, Suhrkamp Verlag)

The Glass Bead Game (German: Das Glasperlenspiel, pronounced [das ˈɡlaːspɛʁlənˌʃpiːl] (listen)) is the last full-length …

Ordnung, Zweifel, Abschied: Mein Glasperlenspiel

Beim Lesen von Hermann Hesses Das Glasperlenspiel betrete ich Kastalien, einen streng geordneten Bildungsstaat, in dem das Spiel als höchste Kunst gilt: eine Verbindung aus Musik, Mathematik und Gelehrsamkeit. Ich verfolge Josef Knechts Weg vom begabten Schüler zum Magister Ludi, bewundert und gebunden zugleich. Seine Meister, der Musikmeister und der Historiker Jakobus, verleihen Orientierung, doch gerade ihre Ruhe schärft meinen Blick für die stille Gefahr der Selbstgenügsamkeit.

Mit Plinio Designori, der die Außenwelt verkörpert, zieht eine Unruhe in mich ein: Wozu dient Kultur, wenn sie sich vor der Wirklichkeit schützt? Knechts innere Korrespondenz, seine wechselnden „Lebensläufe“, lassen mich die Versuchsanordnungen eines ganzen Daseins durchspielen: Dienst, Rückzug, Herrschaft, Demut. Ich empfinde Hochachtung vor seinem Pflichtgefühl und zugleich Beklemmung über die gläserne Reinheit Kastaliens.

Als Knecht das Amt verlässt, um einen Schüler in der Welt zu unterrichten, spüre ich einen letzten, hellen Atemzug der Freiheit. Der Tod im kalten Wasser, …

Bret Easton Ellis: American Psycho (EBook, 1991, Picador)

Patrick Bateman is twenty-six and works on Wall Street; he is handsome, sophisticated, charming and …

Glitzer, Blut und Leere: Mein nüchterner Blick auf American Psycho

Ich lese Bret Easton Ellis’ Roman American Psycho als kalte Bestandsaufnahme einer Epoche, in der Oberflächen alles bedeuten. Patrick Bateman, Investmentbanker in Manhattan, führt mich durch die späten Achtziger: Designerlisten, Hautpflegeprogramme, edle Restaurants, Visitenkartenkult. Der Ton ist präzise, inventarisierend, fast mechanisch; gerade dadurch wird die Unmenschlichkeit spürbar. Ich registriere, wie die Sprache der Reklame Batemans Denken kolonisiert, bis Moral nur noch Stilfrage ist.

Gleichzeitig entfaltet der Text eine Eskalation der Gewalt. Ich empfinde Abscheu, aber auch analytische Distanz, weil der Erzähler unzuverlässig bleibt. Passieren die Morde wirklich, oder sind sie Projektionen eines identitätslosen Subjekts? Ellis legt Spuren in beide Richtungen. Für mich ist diese Ambivalenz zentral: Der Horror liegt weniger im Blut als in der Möglichkeit, dass niemand es merken würde, selbst wenn es geschähe. In der anonymen Effizienz von Büros, Taxis und Clubs wird Schuld geräuschlos ...

Strukturell arbeitet der Roman mit Wiederholung und Katalogisierung. Ich sehe …