Kaum ein Werk der Horrorliteratur war je so einflussreich, oder eben so innovativ, wie dieses. Obwohl Stoker sich seine Themen und seine erzählerischen Ideen zusammengestohlen hat, ist es ihm beim Zusammenfügen gelungen, einen makellosen Archetyp zu entwickeln: Vom Aufbau, der von Unbeschwertheit über Sorge, Vorahnung, Furcht und schließlich Schrecken bis zum vernichtenden Ende unaufhaltsam und folgerichtig bleibt, über die Charakterisierungen (die Unschuld, die Integrität, der Wahnsinn, die Dekadenz), bis hin zu den Beschreibungen nimmt er allen zukünftigen Horrorerzählern den Wind aus den Segeln. Zudem gelingt es ihm, eine echte Bindung zu seinen Figuren herzustellen, so dass die Grausamkeiten, die ihnen zugefügt werden, dem Leser ehrlich zu schaffen machen.

Dabei hat der Roman offensichtlich viele Schwächen, und hier liegt die Chance, die so viele spätere Autoren nicht zu nutzen gewusst haben: Zum einen ist er sicherlich zu lang, zum anderen selbst für die Zeit zu süßlich und hölzern. Für einen reinen Schocker, als der er ursprünglich ja ausgelegt war, erreicht er aber sehr viel und das sehr effektiv.