Back
Marguerite Duras: Der Liebhaber. (Paperback, German language, Suhrkamp)

L'Amant est une autofiction française (un roman en partie autobiographique) de Marguerite Duras publiée en …

Zwischen Schweigen und Verlangen – Meine Reise mit Der Liebhaber von Marguerite Duras

Der Liebhaber von Marguerite Duras hat mich nicht angeschrien. Es hat geflüstert. Und gerade dieses leise, zurückhaltende Erzählen war es, das mich vollkommen eingenommen hat. Ich hatte das Gefühl, ich würde durch Erinnerungen wandern, die längst verblasst sein sollten – und doch brannten sie sich mit jeder Seite tiefer in mich hinein.

Die namenlose Ich-Erzählerin blickt auf ihre Jugend im kolonialen Indochina zurück. Ihre Affäre mit einem reichen chinesischen Mann – sie, fünfzehn; er, zwölf Jahre älter – wird nicht romantisiert. Sie beschreibt ihn nicht mit Verklärung, sondern mit einer fast schmerzhaften Klarheit. Und genau das traf mich: Die Beziehung ist körperlich, flüchtig, gesellschaftlich unmöglich. Und doch trägt sie eine stille, ungelebte Intensität in sich, die mich durch das ganze Buch begleitet hat.

Duras schreibt elliptisch, fragmentarisch. Es gibt keine klassische Handlung, keine lineare Entwicklung – nur Erinnerungsfetzen, Gedanken, Bilder. Ich musste mich einlassen, zuhören, nachspüren. Und irgendwann merkte ich, wie viel zwischen den Zeilen liegt: Einsamkeit, Begehren, Stolz, Scham.

Was mich am meisten bewegt hat, war nicht die Liebesgeschichte selbst, sondern der Blick zurück. Die gealterte Erzählerin schaut auf ihr jüngeres Ich – ohne Urteil, aber mit einem tiefen, melancholischen Verstehen. Ich habe mich oft gefragt: Wie werde ich einmal auf meine Entscheidungen blicken?

Der Liebhaber ist kein Buch, das laut ist. Es ist ein zarter Schmerz, der lange nachhallt. Und für mich war es eine Erinnerung daran, dass Liebe nicht immer laut, nicht immer richtig, nicht immer dauerhaft sein muss – aber immer Spuren hinterlässt.