Back
Valentine Ermatinger: Die dreizehnte Prophezeiung. ( Ab 11 J.). Erzählung. (Paperback, German language, 1990, Rowohlt Tb.) 2 stars

Review of 'Die dreizehnte Prophezeiung. ( Ab 11 J.). Erzählung.' on 'Goodreads'

2 stars

Eines meiner absoluten Lieblingsbücher als Kind, das ich etwa in der 5. Klasse bekam und seitdem immer wieder las, bis es dann irgendwann in einer Kiste landete, aus der ich es jetzt wieder herauskramte und sehen wollte, wie ich heute darüber denke.

Die Leseerfahrung war interessant. Einerseits konnte ich mich mit jetzt 37 genau daran erinnern, welche Gefühle und Gedanken das Buch in meinem 10 oder 11jährigen Ich hervorgerufen hat und was ich daran damals so spannend und lesenswert fand: Die Idee einer alten Prophezeiung, die das Schicksal der Menschheit genau kennt, die Methode, wie die Menschheit sich auf den Mond evakuiert, dann die Seuche selbst. Die Beschreibung als zerstörerischer Organismus, der sich über alles Lebende hermacht und sich dabei selbst multipliziert empfand ich auch heute noch als sehr gelungen und bedrohlich, auch die Reise der beiden letzten Überlebenden auf der Erde und ihre Rettung, sowie die mythischen Wesen der Mumpels.

Alles andere erwies sich leider als nicht besonders gut gealtert. Das hat nicht einmal damit etwas zu tun, dass ich jetzt erwachsen bin, sondern dass ich inzwischen mehrere Bücher, auch für Jugendliche, gelesen habe, die es einfach besser machen als "Die 13. Prophezeiung". Was mich heute auch schon bei Büchern, die ich für meine eigene, jüngere Tochter aussuche, immer wieder ärgere: Junge Leserinnen und Leser werden von manchen Autorinnen und Autoren schlicht nicht als vollwertiges, mitdenkendes Publikum gesehen, für das man sich Mühe beim Schreiben geben müsste. Das Ergebnis: Riesige Plotlöcher, Logikfehler und platte Charaktere ohne wirkliche Motivation. Hier nur ein paar Beispiele.

- Erklärungen werden eigentlich so gut wie nie gegeben. Dinge geschehen "irgendwie" und für Probleme werden maßgeschneiderte Lösungen ständig aus dem Hut gezaubert. Auch gerne mit einer endlosen Aneinanderreihung von Verben und Adjektiven.
- Die "guten" Charaktere sind einfach wahnsinnig klug, begabt, geschickt in fast allem, was sie tun, freundlich zu Kindern und Tieren und überhaupt völlig ohne Makel. Gleichzeitig leisten sie sich ständig impulsives und rücksichtsloses Verhalten, was aber von allen toleriert wird, weil sie eben so wahnsinnig klug, begabt, geschickt usw. sind und man ja nicht auf sie verzichten kann. Äußerst fragwürdig finde ich das beim zwanzigjährigen Schreiner Simon, der erst durch seine warmherzige Art, auf die Kinder im Ort aufzupassen, positiv hervorgehoben wird - nur um sich sofort in eines der Kinder zu verlieben, als es dann einige Jahre später keins mehr ist. Als erwachsene Leserin zog es mir da wirklich die Augenbrauen in die Höhe.
- Dies geschieht nicht einmal aus böser Absicht, sondern schlicht aus plottechnischer Bequemlichkeit. Daher befinden sich fast alle wichtigen Charaktere im selben kleinen Ort, kennen sich untereinander, kommen teilweise auch aus derselben Familie und heiraten sich dann eben später, wie im Fall von Simon und Peggy. Bei einem Roman über ein Dorf mag das plausibel sein, aber nicht bei einer Geschichte, die auf der ganzen Welt spielt. So sind natürlich dann diejenigen, die das Schicksal des gesamten Globus in der Hand halten, weiß, heteronormativ und aus dem zivilisierten Westen. Der Rest der menschlichen Bevölkerung kommt in Nebensätzen als Beduinen, "Eskimos" usw. vor.
- Selbst mein mickriges Basiswissen Naturwissenschaft reicht dafür aus, um die gesamte Evakuierungsgeschichte und das Überleben der Menschheit im Mond als fliegendem Raumschiff unglaubwürdiger als die Existenz der roten Pest zu halten. Mit nur ein bisschen mehr Recherche wäre dies leicht zu verhindern gewesen.
- Mochte ich als Kind die allwissenden Echsenwesen, gingen sie mir als Erwachsene bereits nach wenigen Begegnungen furchtbar auf den Senkel. Mary Sues mit Schuppen, die in allen Belangen perfekt und überlegen sind und, damit man ihnen genau das nicht vorwerfen kann, einen Makel als Ausrede haben - nämlich keine Hände und ein naives Verständnis der Menschheit. Zudem unterscheiden sie sich höchstens durch ihre Frisuren untereinander.

Hätte es Goodreads damals schon gegeben, wäre das Buch mir sicher fünf Sterne wert gewesen. Mehr als 25 Jahre später bleiben davon nur noch zwei. Einem Kind ab 10 würde ich nicht aktiv von diesem Buch abraten, aber es sicher auch nicht empfehlen. Da gibt es Besseres.