schreiblehrling reviewed Der Markisenmann by Weiler Jan
None
5 stars
Monate habe ich in der digitalen Schlange der Online-Bibliothek gestanden, bis ich endlich an der Reihe war, das Buch auszuleihen. Aber das hat sich so gelohnt!
In der Geschichte geht es um die 16-jährige Kim, die bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater wohnt. Ganz klassisch verträgt sie sich mit dem neuen Partner ihrer Mutter nicht. Gleichzeitig ist Kim aber auch unglaublich wütend auf ihren leiblichen Vater, denn der ist Geschäftsmann, soweit sie weiß, und interessiert sich ganz offensichtlich nicht die Bohne für sie, denn er meldet sich nie. Es kommt, wie es kommen muss: die Situation zu Hause eskaliert eines Tages und Kim muss in der Folge die Sommerferien bei ihrem leiblichen Vater verbringen. Bei einem ihr völlig unbekannten Mann? Fürchterlich! Sie beschließt, noch in der ersten Nacht abzuhauen.
»Hast du WLAN?«, fragte ich.
»Nein«, sagte er mit der Geringschätzung derjenigen, die absolut nicht wissen, wovon sie sprechen, es aber …
Monate habe ich in der digitalen Schlange der Online-Bibliothek gestanden, bis ich endlich an der Reihe war, das Buch auszuleihen. Aber das hat sich so gelohnt!
In der Geschichte geht es um die 16-jährige Kim, die bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater wohnt. Ganz klassisch verträgt sie sich mit dem neuen Partner ihrer Mutter nicht. Gleichzeitig ist Kim aber auch unglaublich wütend auf ihren leiblichen Vater, denn der ist Geschäftsmann, soweit sie weiß, und interessiert sich ganz offensichtlich nicht die Bohne für sie, denn er meldet sich nie. Es kommt, wie es kommen muss: die Situation zu Hause eskaliert eines Tages und Kim muss in der Folge die Sommerferien bei ihrem leiblichen Vater verbringen. Bei einem ihr völlig unbekannten Mann? Fürchterlich! Sie beschließt, noch in der ersten Nacht abzuhauen.
»Hast du WLAN?«, fragte ich.
»Nein«, sagte er mit der Geringschätzung derjenigen, die absolut nicht wissen, wovon sie sprechen, es aber aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnen. »Ich habe etwas viel Besseres: Fax. Damit bin ich für meine Kunden immer erreichbar, wenn sie Servicewünsche haben. Oder natürlich am Telefon. Hier oder mobil.« Er holte ein Nokia 3310 aus der Hosentasche und zeigte es mir, als hätte er es unter Umgehung von 300 Laserstrahlen aus dem Tower of London entwendet.
»Aber E-Mail hast du nicht«, sagte ich.
»Ach, E-Mails, Internet, WWW und so weiter und so fort. Das sind doch bloß Modeerscheinungen. Man muss auf Beständigkeit setzen. Auf die Macht der Dauer.«
So gut wie alles, was sie über ihren Vater zu glauben meint, stellt sich als falsch heraus. Er ist zwar ein Geschäftsmann, aber keineswegs erfolgreich. Außerdem zeigt er großes Interesse an ihr und freut sich sehr, sie endlich kennen zu lernen. Kim hat den schrecklichsten Sommer ihres Lebens erwartet. Stattdessen findet sie Freunde, ebnet unbewusst den Weg für ihr weiteres Leben und erfährt endlich, warum ihr Vater der ist, der er ist, und wie das alles mit ihrer Mutter und sogar dem Stiefvater zusammenhängt.
Ich bin Jan Weiler völlig auf den Leim gegangen. Denn genau wie Kim hatte ich von Anfang an feste Vorstellungen aller Charaktere: Die desinteressierte Mutter, der kalte Stiefvater, der ignorante Vater. Stellt sich raus: stimmt alles nicht.
Ein ruhiges, äußerst warmherziges und liebevolles Buch, das mich die ganze Zeit berührt und gefesselt hat. Wunderbar.