Wüstensand, Tarnnamen, Zufall: Mein Weg durch „They Came to Baghdad“
5 stars
Agatha Christies Roman trifft mich als schneller, staubiger Spionagesturm. Ich begleite die impulsive Londoner Stenotypistin Victoria Jones, die einem flüchtigen Charmeur nach Bagdad folgt und dort in eine internationale Verschwörung gerät. Eine geheime Konferenz soll über Frieden reden, doch Schattenleute planen Sabotage. In einem Hotelkorridor stirbt ein Mann in Victorias Armen und flüstert letzte Worte – plötzlich trage ich mit ihr eine Botschaft, deren Sinn ich erst viel später begreife. Bazaare, Botschaften, Hinterzimmer: Ich spüre Hitze, Misstrauen und die seltsame Leichtigkeit, mit der Identitäten wechseln.
Christie erzählt ohne Poirot und Marple, dafür mit Tempo, Verkleidung und Reiseglanz. Ich mag Victorias Einfallsreichtum: Sie stolpert, lernt, riskiert, improvisiert. Ein Ausflug zu einer archäologischen Grabung öffnet mir einen zweiten Horizont: Staubige Schichten der Geschichte reiben sich an kalten Gegenwarten der Politik. Zwischen falschen Pässen, toten Winkeln und Doppelspielen tauchen klare Motive auf: Gier nach Einfluss, Heilsversprechen von Ideologien, Sehnsucht nach Bedeutung. Ich …
Agatha Christies Roman trifft mich als schneller, staubiger Spionagesturm. Ich begleite die impulsive Londoner Stenotypistin Victoria Jones, die einem flüchtigen Charmeur nach Bagdad folgt und dort in eine internationale Verschwörung gerät. Eine geheime Konferenz soll über Frieden reden, doch Schattenleute planen Sabotage. In einem Hotelkorridor stirbt ein Mann in Victorias Armen und flüstert letzte Worte – plötzlich trage ich mit ihr eine Botschaft, deren Sinn ich erst viel später begreife. Bazaare, Botschaften, Hinterzimmer: Ich spüre Hitze, Misstrauen und die seltsame Leichtigkeit, mit der Identitäten wechseln.
Christie erzählt ohne Poirot und Marple, dafür mit Tempo, Verkleidung und Reiseglanz. Ich mag Victorias Einfallsreichtum: Sie stolpert, lernt, riskiert, improvisiert. Ein Ausflug zu einer archäologischen Grabung öffnet mir einen zweiten Horizont: Staubige Schichten der Geschichte reiben sich an kalten Gegenwarten der Politik. Zwischen falschen Pässen, toten Winkeln und Doppelspielen tauchen klare Motive auf: Gier nach Einfluss, Heilsversprechen von Ideologien, Sehnsucht nach Bedeutung. Ich schwanke zwischen Vergnügen am Abenteuer und Sorge um eine Heldin, die viel zu allein ist in einem Labyrinth aus Lügen.
Die Auflösung verbindet Wendungen mit pragmatischer Moral: Nicht Genialität, sondern Mut, Aufmerksamkeit und Humor bringen Licht in das Dunkel. Mir gefällt, wie Christie Reisebuch, Romanze und Thriller mischt, ohne den Schauplatz zu folklorisieren. Bagdad wirkt lebendig, widersprüchlich, gefährlich, neugierig machend. Am Ende lege ich das Buch zufrieden und ein wenig atemlos weg: eine elegante, weltläufige Unterhaltung – und ein stilles Plädoyer dafür, im richtigen Moment das Richtige zu tun, selbst wenn niemand klatscht.