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Katja Diehl: Autokorrektur (Paperback, German language, 2022, S. Fischer Verlag)

Ein Plädoyer für eine inklusive und klimagerechte Verkehrswende – Mit Schwung, Know-how und Kreativität macht …

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Ein außerordentlich interessantes Buch zum Thema Verkehrswende. Und auch wenn das Buch Autokorrektur heißt, so ist es doch kein Buch in dem das Auto bedingungslos verteufelt wird, ganz im Gegenteil.

Katja Diehl geht mit dem Ansatz ran, genau zu hinterfragen warum Menschen Auto fahren. Wollen die das, oder müssen sie? Und es stellt sich heraus, dass viele Autofahrten passieren, weil die Alternative den betroffenen Personen nicht sicher erscheint, denn unsere Innenstädte sind nach Jahren der autofreundlichen Verkehrspolitik zu Gegenden verkommen in denen sich Frauen oder PoC nicht mehr sicher fühlen können. In diesem Fall ist das Auto der persönliche Schutzpanzer den man zwar widerwillig anlegt, es aber trotzdem tut weil keine sichere Alternative in Sicht ist.

Außerdem lernen wir, dass das Auto in der Vergangenheit meist dem Patriarchat als Fortbewegungsmittel zur Verfügung stand, Frauen hatten das Fahrrad um mobil zu sein. Ja, auch Feminismus spielt eine Rolle bei der Verkehrswende, auch wenn man daran wohl nicht unbedingt zuerst denkt, wenn man über die Verkehrswende diskutiert.

Die Autorin spricht auch mit vielen Menschen, die aus diversen Gründen gar kein Auto haben bzw. auch keinen Führerschein bekommen können, weil beispielsweise gesundheitliche Probleme dem im Weg stehen. Wie sieht die Mobilität für diese Personengruppe aus?

Katja Diehl zeigt auch Beispiele wie man Städte wieder in Lebensraum für Menschen statt in Parkflächen für Autos verwandeln kann. Eine Stadt mit hoher Aufenthaltsqualität wäre übrigens auch vom Sicherheitgefühl jeder dunklen und zugeparkten Häuserschlucht überlegen. Ein Beispiel mögen die Superblocks von Barcelona sein, Quartiere ohne Autoverkehr in denen das
urbane Leben zu neuer Blüte kommt.

Das Buch ist angenehm flüssig zu lesen, keine zu komplizierten Gedankengänge und viele Beispiele, die griffig sind weil sie jeder im Alltag kennt. Also zum Beispiel die Tatsache, dass die Straßen hemmungslos zugeparkt sind, denn das Auto ist ein Gegenstand der nur selten tatsächlich bewegt wird, den Rest der Zeit aber ein "Stehzeug" ist welches öffentlichen Raum beansprucht. Raum, der vergichen mit den Mietpreisen für die gleichen Quadratmeter noch viel zu billig bereitgestellt wird.

Ein Buch, das jeder lesen sollte um dann die notwendigen und möglichen Aktionen für sich selbst daraus abzuleiten. Das muss nicht gleich so extrem sein, dass man sein Auto verkauft, aber zumindest könnte man überlegen, dass viele Wege im näheren Umkreis genauso gut auch mit dem Fahrrad zurückgelegt werden können.