In bestimmten Momenten unseres Daseins sind die Gefühle, die selbst Reaktionen auf Situationen sind, zu stark, als dass man ignorieren könnte, und verlangen nach einem Namen. Und wenn sie benannt werden, können sie mitunter eine neue – objekte und subjektive – Wirklichkeit schaffen. Diese Momente sind private Paradigmenwechsel a la Kuhn. Durch die angestauten Erfahrungen von Einsamkeit, Sinnlosigkeit, Schuld, Scham, Zorn oder einfach Beklemmung vermögen sie einen Bewusstseinswandel einzuleiten. Die eigene „innere Stimme“ zu finden, so heißt der Prozess, Zugang zum eigenen Bewusstsein und der eigenen Erfahrung zu erlangen.
Unser inneres Leben verbindet das Kollektive mit dem Idiosynkratischen, das Allgemeine mit dem Autobiografischen. Und ein intaktes Selbstbewusstsein hat Zugang sowohl zu seinen sozialen als auch zu seinen psychologischen Bestandteilen. Gefühle sind grundlegend sozial, sie können aber durch eine Übersozialität erstickt werden, die das individuelle Bewusstsein trübt. Wenn das passiert, sind unsere Emotionen als Instrument der Orientierung in der sozialen Welt abgestumpft und weisen uns unseren Weg nicht mehr. Manchmal aber können Gefühle ausbrechen, unsere sozialen Rollen umgehen und übersteigen und eine neue innere und soziale Wirklichkeit herbeiführen. Wenn das geschieht, dann helfen uns Emotionen, unsere Rollen zu unterlaufen und neue Erfahrungen zu machen. Und wenn wir solche Emotionen benennen können, können wir manchmal Revolutionen auslösen, private oder kollektive. Wenn Stevens’ Leben also ein verfehltes ist, dann nicht, weil er es miserabel gelebt hätte, sondern weil er sein Bewusstsein nie erfasst hat, weil er nie darum gerungen hat, neue Wörter zu finden, und Gefühle nie in den inneren Kreis seines Seins hereingelassen hat.