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Brandon90

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Joined 2 years, 1 month ago

Pronomen: Er/Ihn

Interessiert an kollektiven und selbstorganisierten Ideen von Gesellschaft und Praxis.

Spoileralarm: Ich zitiere gerne und viel, wenn ihr nicht gespoilert werden wollt, lohnt es wohl eher nicht zu folgen ;)

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Brandon90's books

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Rudger Bregman: Im Grunde gut (Hardcover, German language, 2021, Rowohlt)

Der Historiker Rutger Bregman setzt sich in seinem Buch mit dem Wesen des Menschen auseinander. …

Häufig wird das Mobbing als ein Naturphänomen gesehen, etwas, das nun einmal zum kindlichen Verhalten gehört. Soziologen haben jedoch inzwischen umfangreiche Untersuchungen zu den Orten durchgeführt, an denen am meisten gemobbt wird. Und diese Orte scheinen spezielle Merkmale zu haben. Sie werden auch "totale Institutionen" genannt. Der Soziologe Erving Goffman hat dazu bereits vor einem halben Jahrhundert eine klare Definition gegeben:

  • Alle leben am selben Ort , unter demselben Regime.
  • Alle Aktivitäten finden gemeinsam statt, und alle müssen dasselbe tun.
  • Die Aktivitäten sind straff geplant, oft von einer Stunde zur nächsten.
  • Es gibt ein System expliziter, formaler Regeln, die von oben verordnet sind.

[...]

Und dann gibt es da noch die Schule. In typisch britischen "Boarding Schools" [...] ist Mobbing bei weitem am verbreitesten.

Im Grunde gut by  (Page 320 - 321)

Rudger Bregman: Im Grunde gut (Hardcover, German language, 2021, Rowohlt)

Der Historiker Rutger Bregman setzt sich in seinem Buch mit dem Wesen des Menschen auseinander. …

Dann geschieht etwas Außergewöhnliches. Die Ratten, die die Studenten für schlauer und schneller halten, schneiden besser ab. Es ist fast magisch. Die "intelligenten" Ratten, die in Wirklichkeit überhaupt nicht schlauer sind, erzielen fast doppelt so gute Ergebnisse wie die "dummen" Ratten. [...] Rosenthal kam dahinter, dass die Art und Weise, wie seine Studenten die "intelligenten" Ratten berührten - liebevoller, sachter, erwartungsvoller -, das Verhalten der Ratten veränderte. Und in der Folge schlossen sie dann auch besser ab. [...] Rosenthal nennt seine Entdeckung den "Pygmalion-Effekt" nach dem mythologischen Künstler, der sich so sehr in die Frauenstatue verliebte, die er selbst angefertigt hatte, dass die Götter beschlossen, sie zum Leben zu erwecken. Der Pygmalion-Effekt erinnert an den Placebo-Effekt, über den ich schon im 1. Kapitel geschrieben habe. Nun reden wir aber nicht von einer Erwartung, die uns selbst nützt. Es ist eine Erwartung, die anderen weiterhilft. [...] Der böse Bruder des Pygmalion-Effekts ist der Golem-Effekt, benannt nach der jüdischen Legende eines Wesens, das geschaffen wurde, um die Bewohner von Prag zu beschützen, das sich jedoch in ein Monster verwandelte. [...] Der Golem-Effekt ist eine Art Nocebo. Ein Nocebo, das schlechte Schüler noch weiter zurückfallen lässt, Obdachlosen die Hoffnung nimmt und einsame Teenager radikalisieren kann. Es ist eine der Möglichkeiten, bei denen Rassismus seine Wirkung entfaltet: Menschen, von denen weniger erwartet wird, leisten weniger und schneiden dann auch noch schlechter ab. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass der Golem-Effekt ganze Organisationen in den Abgrund ziehen kann, wenn sich die negativen Erwartungen häufen.

Im Grunde gut by  (Page 284 - 287)

Diese Sätze machen Mut und lassen mich tatsächlich ein wenig hoffnungsvoller blicken <3 Gute Perspektive, mal schauen, was noch kommt, war ja auch mit Grund für die Wahl für den kleinen Bücherclub <3

Rudger Bregman: Im Grunde gut (Hardcover, German language, 2021, Rowohlt)

Der Historiker Rutger Bregman setzt sich in seinem Buch mit dem Wesen des Menschen auseinander. …

Leider gibt es immer auch Leute, denen jegliches Schamgefühl abgeht. Ich spreche von Menschen, die unter der Droge Macht stehen, oder von einer kleinen Minderheit, die mit soziopathischen Zügen geboren wurde. Bei Jägern und Sammlern hielten sich solche Typen nicht lange. Sie wurden von der Gruppe verstoßen. Aber in großen, modernen Unternehmen scheinen Soziopathen die Karriereleiter schneller heraufzuklettern. Einige Studien zeigen, dass bei vier bis acht Prozent der CEOs Soziopathie diagnostiziert werden kann, im Vergleich zu dem einen Prozent in der sonstigen Bevölkerung. In einer "Demokratie" kann Schamlosigkeit eine große Hilfe sein. Politiker, die kein Schamgefühl besitzen, können Dinge tun, die für andere schlichtweg unmöglich sind. Wofür sich dann andere wieder in Grund und Boden schämen würden.

Im Grunde gut by  (Page 267)

Rudger Bregman: Im Grunde gut (Hardcover, German language, 2021, Rowohlt)

Der Historiker Rutger Bregman setzt sich in seinem Buch mit dem Wesen des Menschen auseinander. …

Erst mit dem Aufkommen von Generälen und Armeen veränderte sich alles. Versuchen Sie mal, gegen einen Herrscher vorzugehen, der jeden Ketzer bei lebendigem Leib häutet, verbrennt oder vierteilt. Sie werden feststellen, das Sie ein wenig unkritischer werden. [...] Täuschen Sie sich nicht: Die Androhung von Gewalt ist nach wie vor latent vorhanden. Überall.

Im Grunde gut by  (Page 263)

Rudger Bregman: Im Grunde gut (Hardcover, German language, 2021, Rowohlt)

Der Historiker Rutger Bregman setzt sich in seinem Buch mit dem Wesen des Menschen auseinander. …

Bereits in den 1990er Jahren fanden Wissenschaftler heraus, dass unser Bekanntenkreis kaum ueber 150 Personen hinausreicht. [...] Zugegeben: Mit 150 Leuten kann man eine ordentliche Party schmeiszen. Aber sie reichen nicht aus, eine Pyramide zu errichten oder ein Spaceshuttle zum Mond zu schicken. Dazu muessen wir in erheblich groeszeren Gruppen zusammenarbeiten. Wie haben un unsere Machthaber so weit bekommen? Die Antwort: mit Hilfe von Mythen. Wir haben gelernt, uns die Verwandtschaft mit anderen, die wir nie getroffen haben, einzubilden. Religionen und Staaten, Unternehmen und Laender existieren in unseren Koepfen, in den Geschichten, die von unseren Anfuehrern und auch von uns selbst erzaehlt werden. Niemand hat je "Frankreich" getroffen. Niemand hat der "roemisch-katholischen Kirche" jemals die Hand geschuettelt. Aber das spielt keine Rolle, solange wir uns als Teil solcher Fiktionen fuehlen.

Im Grunde gut by  (Page 260)

Rudger Bregman: Im Grunde gut (Hardcover, German language, 2021, Rowohlt)

Der Historiker Rutger Bregman setzt sich in seinem Buch mit dem Wesen des Menschen auseinander. …

Das Traurige ist, dass Machtlosigkeit genau den entgegengesetzten Effekt hat. Psychologische Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die sich machtlos fuehlen, viel unsicherer sind. Sie zoegern, ehe sie ihre Meinung aeuszern. Sie machen sich in einer Gruppe klein. Sie kommen sich duemmer vor, als sie wirklich sind. Diese Art von unsicheren Gefuehlen spielt den Machthabern in die Haende. Menschen, die an sich zweifeln, rebellieren nicht. Unsichere Menschen muessen nicht einmal zensiert werden, weil sie sich selbst den Mund verbieten. Hier sehen wir ein Nocebo in Aktion: Wenn man andere behandelt, als waeren sie dumm, werden sie sich auch dumm vorkommen, worauf die Machthaber sich dann getrost selbst einreden koennen, dass das Volk nun einmal zu dumm sei, um mit zu entscheiden, und dass sie selbst die Fuehrung uebernehmen muessen (mit ihrer gewaltigen Vision und ihrem Weitblick). Aber ist es nicht genau umgekehrt? Sorgt nicht gerade die Macht fuer Kurzsiuchtigkeit? Wer die Spitze erreicht hat, muss sich weniger um die Perspektive anderer scheren. Empathie ist oft nicht mehr erforderlich, denn wenn jemand unverstaendlich oder nervig ist, kann man ihn ignorieren, zur Ordnung rufen, ausschlieszen oder noch Schlimmeres. Machthaber koennen sich ihre Naivitaet leisten, weil sie nicht danach beurteilt werden. Diese Theorie koennte moeglicherweise auch erklaeren, warum Maenner bei Empathietests im Allgemeinen weniger Punkte erzielen als Frauen. 2018 hat eine grosze angelegte Studie der Universitaet Cambridge gezeigtr, dass es dafuer keine genetische Erklaerung gibt. Es scheint hauptsaechlich damnit zu tun zu haben, was Wissenschaftler "Sozialisation" nennen. Mit anderen Worten: Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Macht so verteilt ist, dass Frauen staendig ihr Bestes geben muessen, um Maenner (die oft hoehere Positionen innehaben) zu verstehen. Daher diese ewigen Geschichten ueber die ungeheure "weibliche Intuition". Von Frauen wird erwartet, dass sie sich in die maennliche Perspektive versetzen, aber das Gegenteil geschieht viel seltener.

Im Grunde gut by  (Page 254 - 255)

Rudger Bregman: Im Grunde gut (Hardcover, German language, 2021, Rowohlt)

Der Historiker Rutger Bregman setzt sich in seinem Buch mit dem Wesen des Menschen auseinander. …

Man ahnt es schon: Maechtige Menschen haben die gleichen Neigungen. Sie verhalten sich so, als haetten sie einen Hirnschaden erlitten. Im woertlichen Sinne. Sie sind impulsiver, egoistischer, ruecksichtloser, arroganter, narizisstischer und grobschlaechtiger als der Durchschnitt. Sie gehen oefter fremd, hoeren weniger gut zu und nehmen seltener die Perspektive eines anderen ein. Sie sind schamloser und zeigen selten den ganz spezifischen Gesichtsausdruck, der die Menschen im Tierreich einzigartig macht. Sie erroeten nicht. Macht scheint wie eine Art Anaesthetikum zu wirken, das den Betreffenden von anderen abgrenzt. 2014 setzten drei amerikanische Neurologen sowohl maechtige als auch weniger maechtige Menschen unter eine "transkranielle magnetische Stimulationsmaschine", ein schwieriges Wort fuer ein Geraet, das Gehirnfunktionen testet. Sie entdeckten, dass Machtgefuehle einen mentalen Prozess stoeren, den Wissenschaftler auch als "Spiegelung" bezeichnen, einen Prozess, der eine wichtige Rolle bei der Empathie spielt.

Im Grunde gut by  (Page 253)

Attila Dézsi: Archäologie der Republik Freies Wendland (Hardcover, Deutsch language, Sidestone Press) No rating

In Zeiten zunehmender Krisen und Konflikte möchte diese Studie Orte der Demokratiegeschichte und Momente der …

In der Gorleben Rundschau davon gelesen. Das klingt einfach mega gut, um reale selbstorganisierte Praxis kritisch nachzulesen <3

Und sogar als legale kostenlose PDF zu erhalten - Link fuege ich auf die Buchseite mit ein ;)

Carmilla Dewinter, Jasmin Dreyer: Aus dem Off (deutsch language, MaroVerlag)

LOVE & SEX: Wer damit nichts anfangen kann, gilt schnell als langweilig und irgendwie gestört …

Tatsaechlich findet sich diese Einstellung nicht nur in autoritaeren Ideologien, sondern in der Kultur allgemein, wie Yuval Noah Harari beschreibt: "Die Kultur behauptet gern, sie verbiete "unnatuerliche" Dinge. Aber aus biologischer Sicht ist nichts unnatuerlich. Alles, was moeglich ist, ist definitionsgemaesz auch natuerlich. Eine unnatuerliche Verhaltensweise, die den Gesetzen der Natur widerspricht, kann es gar nicht geben, weshalb es voellig sinnlos ist, sie verbieten zu wollen. Keine Kultur hat sich je die Muehe gemacht, Maennern die Photosynthese [...] zu verbieten."

Aus dem Off by , (Page 27)

Carmilla Dewinter, Jasmin Dreyer: Aus dem Off (deutsch language, MaroVerlag)

LOVE & SEX: Wer damit nichts anfangen kann, gilt schnell als langweilig und irgendwie gestört …

Die "gesellschaftliche und angesagte [...] Rolle als sexy Bitch zu erfüllen, ist ein [...] nachvollziehbares Bedürfnis nach Zugehörigkeit." Auch einer meiner Bekannten wurde vorgeworfen, ihre Selbstbeschreibung sei anti-feministisch, sie demontiere Versuche, Freiheit für Frauen zu erstreiten. Frauen sollen also Sex haben wollen. Nur dass der Zeitgeist unterschiedliche Antworten auf die Fragen "mit wem" und "warum" liefert

Aus dem Off by , (Page 25 - 26)

Carmilla Dewinter, Jasmin Dreyer: Aus dem Off (deutsch language, MaroVerlag)

LOVE & SEX: Wer damit nichts anfangen kann, gilt schnell als langweilig und irgendwie gestört …

Im Neoliberalismus erhält dieses Aufgehobensein zudem den Charakter der Selbstverwirklichung - wer es nicht schafft, glücklich zu sein, hat sich bei der ständig geforderten Daueroptimierung von Selbst und Beziehung einfach nicht genug angestrengt. Wie Ela Przybylo beobachtet und auch mir schon aufgefallen ist, betonen asexuelle Menschen in Interviews oft, wie glücklich sie seien. Sie folgert, dass diese Art vorauseilende "Klarstellung" eine Reaktion auf Mythos der allein seligmachenden sexuell-romantischen Partnerschaft sei.

Aus dem Off by , (Page 24 - 25)