Peter73 reviewed Menschenkind by Toni Morrison
Erinnerung, Trauma und ein spukendes Leben – Meine Begegnung mit Toni Morrisons Menschenkind
4 stars
Als ich Toni Morrisons Menschenkind las, hatte ich das Gefühl, in einen Text einzutauchen, der sich weigert, mich unbeteiligt zu lassen. Es ist kein Roman, den man einfach liest und wieder weglegt – er fordert, dass man mitfühlt, dass man die Last der Geschichte zumindest ein Stück weit mitträgt.
Im Zentrum steht Sethe, eine ehemalige Sklavin, die mit ihren Kindern aus der Gewalt des Plantagenlebens geflohen ist. Doch die Freiheit ist nicht frei. Die Vergangenheit verfolgt sie, buchstäblich in Gestalt des Geistes ihres toten Kindes, das zu „Beloved“ wird – zu Menschenkind. Dieser Geist ist nicht nur ein Gespenst, sondern auch ein Symbol für das unaussprechliche Trauma der Sklaverei, das sich ins Leben der Überlebenden einschreibt. Beim Lesen empfand ich Beklemmung, aber auch Bewunderung für Morrisons Mut, diese Wunden so unverstellt darzustellen.
Mich hat besonders berührt, wie Morrison Sprache als Erinnerungskörper benutzt. Ihre Sätze sind poetisch, manchmal fragmentarisch, oft voller …
Als ich Toni Morrisons Menschenkind las, hatte ich das Gefühl, in einen Text einzutauchen, der sich weigert, mich unbeteiligt zu lassen. Es ist kein Roman, den man einfach liest und wieder weglegt – er fordert, dass man mitfühlt, dass man die Last der Geschichte zumindest ein Stück weit mitträgt.
Im Zentrum steht Sethe, eine ehemalige Sklavin, die mit ihren Kindern aus der Gewalt des Plantagenlebens geflohen ist. Doch die Freiheit ist nicht frei. Die Vergangenheit verfolgt sie, buchstäblich in Gestalt des Geistes ihres toten Kindes, das zu „Beloved“ wird – zu Menschenkind. Dieser Geist ist nicht nur ein Gespenst, sondern auch ein Symbol für das unaussprechliche Trauma der Sklaverei, das sich ins Leben der Überlebenden einschreibt. Beim Lesen empfand ich Beklemmung, aber auch Bewunderung für Morrisons Mut, diese Wunden so unverstellt darzustellen.
Mich hat besonders berührt, wie Morrison Sprache als Erinnerungskörper benutzt. Ihre Sätze sind poetisch, manchmal fragmentarisch, oft voller Schmerz – wie Atemzüge, die stocken und doch weitergehen müssen. Ich fühlte mich hineingezogen in die Verwirrung von Schuld, Trauer und Hoffnung, die Sethes Leben bestimmen.
Was mich nicht losließ, war die Frage: Wie lebt man weiter, wenn man Unvorstellbares getan hat, um seine Kinder vor dem Schlimmsten zu bewahren? Sethe hat ihre Tochter getötet, um ihr ein Leben in Sklaverei zu ersparen – eine Tat, die zugleich grausam und erschütternd verständlich erscheint.
Menschenkind ist für mich mehr als ein Roman über Sklaverei. Es ist ein Werk über Erinnerung, Mutterschaft und die Geister, die wir alle in uns tragen. Am Ende war ich tief bewegt, aber auch aufgewühlt – als hätte Morrison mir gezeigt, dass Vergangenheit nie abgeschlossen ist, sondern weiterlebt, solange wir sie nicht ansehen und anerkennen.