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Peter73's books

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Heinrich Böll: Billard um halb zehn (Paperback, German language, 1995, Distribooks Int'l+inc)

Zwischen Schuld und Schweigen: Mein stilles Nachdenken über Bölls Billard um halb zehn

Als ich Billard um halb zehn von Heinrich Böll las, wusste ich schnell: Dieses Buch spricht nicht laut, aber es sagt alles. Es ist kein Roman, der einen mitreißt wie ein Strom – eher wie ein tiefer See, in den man langsam eintaucht und merkt, dass unter der ruhigen Oberfläche ganze Welten verborgen sind.

Im Zentrum steht die Familie Fähmel, besonders der Architekt Robert, der jeden Morgen um halb zehn im Hotel „Prinz Heinrich“ Billard spielt. Doch das scheinbar banale Ritual entpuppt sich als Flucht, als Versuch, Ordnung in eine Vergangenheit zu bringen, die von Krieg, Schuld, Anpassung und Widerstand zerrissen ist.

Was mich tief bewegt hat, war Bölls Umgang mit Erinnerung. Er erzählt nicht linear, sondern lässt Stimmen sprechen – der Vater, der Sohn, Freunde, Bedienstete. Jeder trägt ein Stück Wahrheit bei, doch nie gibt es ein Ganzes. Und genau das fühlte sich so real an: Die Vergangenheit bleibt …

Hermann Hesse, Hermann Hesse: Demian (Hardcover, 2018, Wilder Publications)

Zwischen Licht und Schatten: Meine Selbstbegegnung mit Hesses Demian

Als ich Demian von Hermann Hesse gelesen habe, fühlte es sich nicht an wie die Lektüre eines Romans – es war eher wie ein Spiegel, der mir auf unerwartete Weise mein eigenes Innenleben zeigte. Von den ersten Seiten an war ich tief berührt von der Stimme des jungen Emil Sinclair, die so ehrlich, suchend und zugleich verloren klang.

Hesse erzählt die Geschichte eines Heranwachsenden, der sich zwischen zwei Welten bewegt: der konventionellen, scheinbar „hellen“ Welt seiner Kindheit und einer tieferen, dunkleren, aber wahrhaftigeren Realität, in die ihn sein geheimnisvoller Freund Max Demian einführt.

Ich konnte mich gut in Sinclair hineinversetzen – seine Zweifel, seine Rebellion gegen das Normale, seine Sehnsucht nach Wahrheit und Tiefe. Es war, als würde jemand meine inneren Kämpfe in Worte fassen, nur klarer, kraftvoller und poetischer, als ich es selbst je könnte.

Besonders eindrücklich fand ich die philosophischen und spirituellen Dimensionen des Buchs: Die Idee, dass …

Bertolt Brecht: Die Mutter (Paperback, 1980, Suhrkamp Verlag)

Bertolt Brechts Drama Die Mutter (1932) basiert lose auf Maxim Gorkis gleichnamigem Roman und gilt …

Meine Begegnung mit Brechts Die Mutter

Als ich Die Mutter von Bertolt Brecht zum ersten Mal gelesen habe, war ich überrascht, wie leise das Stück beginnt – und wie laut es am Ende in mir nachhallte. Es ist kein Stück, das einen überrumpelt. Es drängt sich nicht auf. Und genau das hat mich gepackt.

Im Mittelpunkt steht Pelagea Wlassowa, eine einfache Frau, die nichts mit Politik zu tun haben will. Doch je mehr ihr Sohn sich für die Rechte der Arbeiter einsetzt, desto stärker wird sie in diesen Kampf hineingezogen. Sie lernt, fragt, zweifelt – und handelt. Diese langsame, glaubwürdige Entwicklung war für mich das Herzstück des Dramas.

Ich war beeindruckt, wie Brecht es schafft, politische Botschaften zu vermitteln, ohne seine Figuren zu verraten. Pelagea bleibt eine Mutter – voller Sorgen, Liebe und Angst – aber sie wächst über sich hinaus, nicht durch große Reden, sondern durch Beobachtung und Erfahrung.

Die Lieder, die Kommentare, die Verfremdungseffekte …

Dark Matter (German: Schilf) is a 2007 novel by the German writer Juli Zeh. It …

Zwischen Logik und Wahnsinn: Meine Lektüre von Schilf von Juli Zeh

Juli Zehs Roman Schilf, erschienen 2007, hat mich mit seinem klugen Spiel aus Wissenschaft, Kriminalfall und philosophischem Gedankenkonstrukt gleichermaßen gefordert wie fasziniert. Auf den ersten Blick scheint es ein klassischer Krimi zu sein – ein vermisstes Kind, ein Kommissar, eine Leiche. Doch sehr schnell entpuppt sich der Roman als weit mehr: ein intellektuelles Verwirrspiel über Zeit, Realität und Schuld.

Im Zentrum stehen zwei befreundete Physiker, Sebastian und Oskar, deren Beziehung durch ein altes Zerwürfnis belastet ist. Als Sebastians Sohn entführt wird, geraten beide in eine Geschichte, die zunehmend ins Absurde und zugleich in tiefe existenzielle Fragen abgleitet. Ermittler Schilf – eine Figur, die zwischen Genie, Krankheit und Intuition schwankt – führt durch einen Fall, der scheinbar keiner ist und dessen Lösung weniger in der Welt der Beweise als in der der Theorien liegt.

Was mich besonders beeindruckt hat, war die Art, wie Zeh Naturwissenschaft und Philosophie mit Spannungsliteratur verbindet. …

Heinrich Heine: Atta Troll. Ein Sommernachtstraum. (Paperback, 1977, Reclam, Ditzingen)

Tanzende Bären und träumende Dichter: Meine Reise durch Heines Atta Troll: Ein Sommernachtstraum

Heinrich Heines Versepos Atta Troll: Ein Sommernachtstraum, 1847 veröffentlicht, ist ein ebenso ironisches wie poetisches Werk, das auf unterhaltsame Weise Politik, Romantik und künstlerische Selbstreflexion miteinander verwebt. Beim Lesen fühlte ich mich wie in einem Märchen, das auf Schritt und Tritt mit dem Augenzwinkern der Moderne spielt.

Im Zentrum steht der Bär Atta Troll, ein tanzender Zirkusbär, der ausbricht, um in den Pyrenäen von einer besseren Welt zu träumen – einer Welt der Freiheit, Gleichheit und Vernunft. Doch seine revolutionären Ideen wirken bald naiv, ja tragikomisch. Der Ich-Erzähler, ein junger deutscher Dichter, folgt dem Bären auf seiner symbolischen Reise und begegnet dabei einer Reihe fantastischer Gestalten: Feen, Hexen und sprechende Tiere.

Was mich besonders fasziniert hat, ist die Mischung aus Spott und Ernst. Heine kritisiert sowohl die politischen Utopien seiner Zeit als auch die literarische Verklärung der Natur. Doch er tut dies mit Leichtigkeit, mit musikalischer Sprache und einem …

William Golding: Lord of the flies (Paperback, 1997, Riverhead Books)

Lord of the Flies is a 1954 novel by Nobel Prize–winning British author William Golding. …

Wenn die Zivilisation zerbricht: Meine Lektüre von William Goldings Herr der Fliegen

Herr der Fliegen von William Golding, erstmals 1954 veröffentlicht, ist für mich weit mehr als nur ein Abenteuerroman über gestrandete Jungen auf einer einsamen Insel. Es ist ein düsteres Gleichnis über die Abgründe der menschlichen Natur, über Macht, Angst und den schmalen Grat zwischen Kultur und Barbarei.

Die Geschichte beginnt mit einem scheinbar klassischen Szenario: Nach einem Flugzeugabsturz finden sich britische Schuljungen ohne Erwachsene auf einer unbewohnten Insel wieder. Zunächst versuchen sie, eine Ordnung nach bekannten gesellschaftlichen Regeln aufzubauen. Ralph wird zum Anführer gewählt, der muschelförmige Gegenstand dient als Symbol für Rede und Struktur. Doch je länger die Isolation andauert, desto mehr weichen Vernunft und Gemeinschaftssinn den Trieben: Angst, Gewalt und Machtgier brechen sich Bahn, verkörpert vor allem durch den Gegenspieler Jack und seine Jäger.

Was mich beim Lesen besonders erschüttert hat, ist die Radikalität, mit der Golding zeigt, wie dünn der Lack der Zivilisation ist. Die Jagd auf …

Jon Fosse: Morgen und Abend

Zwischen Anfang und Ende: Meine Lektüre von Jon Fosses Morgen und Abend

No rating

Jon Fosses kurzer Roman Morgen und Abend ist ein stilles, poetisches Werk über das Leben, das Sterben und das, was vielleicht dazwischen liegt. Für mich war die Lektüre wie ein ruhiger Spaziergang am Rand der Welt, irgendwo zwischen Realität und Traum.

Der Roman erzählt die Geschichte von Johannes, einem einfachen Fischer. Zu Beginn wird seine Geburt geschildert, aus der Perspektive seines Vaters. Danach springt die Erzählung in den Abend seines Lebens, an den Tag seines Todes. Johannes spürt, dass etwas nicht mehr stimmt, dass sich die Welt verändert, dass er selbst sich auflöst. Doch Fosse erzählt diesen Übergang nicht mit Pathos, sondern mit großer Sanftheit, fast wie in einem langen, langsamen Atemzug.

Was mich besonders berührt hat, ist Fosses Sprache: schlicht, rhythmisch, kreisend. Die Gedanken von Johannes verlieren sich, kehren zurück, tasten nach Erinnerungen und Bildern. Es geht nicht um Handlung, sondern um Empfindung.

Morgen und Abend ist ein Buch …

Pablo Neruda: Canto general (Spanish language, 1990)

Canto General is Pablo Neruda's tenth book of poems. It was first published in Mexico …

Poesie als Stimme eines Kontinents: Meine Eindrücke zu Pablo Nerudas Canto General

Pablo Nerudas Canto General (Der große Gesang) ist für mich mehr als nur ein Gedichtband – es ist ein monumentales, poetisches Geschichtswerk, das den lateinamerikanischen Kontinent in all seinen Widersprüchen, seinem Leid, seinem Reichtum und seiner Hoffnung zum Klingen bringt.

Das Werk, das 1950 erschien, umfasst 15 Gesänge und über 300 Gedichte. Es reicht von der mythischen Entstehung der Natur bis hin zu den politischen Kämpfen des 20. Jahrhunderts. Neruda verbindet in einzigartiger Weise lyrische Sprache mit historischem Bewusstsein und macht aus Poesie ein Werkzeug des Erinnerns und Widerstands.

Besonders beeindruckt hat mich die Vielschichtigkeit der Perspektiven: Mal spricht die Stimme der Berge, der Flüsse, der Steine, mal die der namenlosen Völker, der Revolutionäre, der Unterdrückten. Nerudas Sprache oszilliert zwischen Zärtlichkeit und Zorn, zwischen Elegie und Anklage.

El Canto General ist für mich ein dichterisches Manifest, das Natur, Geschichte und Politik nicht trennt, sondern als Teil eines großen, lebendigen …