Peter73 reviewed Lord of the flies by William Golding
Wenn die Zivilisation zerbricht: Meine Lektüre von William Goldings Herr der Fliegen
5 stars
Herr der Fliegen von William Golding, erstmals 1954 veröffentlicht, ist für mich weit mehr als nur ein Abenteuerroman über gestrandete Jungen auf einer einsamen Insel. Es ist ein düsteres Gleichnis über die Abgründe der menschlichen Natur, über Macht, Angst und den schmalen Grat zwischen Kultur und Barbarei.
Die Geschichte beginnt mit einem scheinbar klassischen Szenario: Nach einem Flugzeugabsturz finden sich britische Schuljungen ohne Erwachsene auf einer unbewohnten Insel wieder. Zunächst versuchen sie, eine Ordnung nach bekannten gesellschaftlichen Regeln aufzubauen. Ralph wird zum Anführer gewählt, der muschelförmige Gegenstand dient als Symbol für Rede und Struktur. Doch je länger die Isolation andauert, desto mehr weichen Vernunft und Gemeinschaftssinn den Trieben: Angst, Gewalt und Machtgier brechen sich Bahn, verkörpert vor allem durch den Gegenspieler Jack und seine Jäger.
Was mich beim Lesen besonders erschüttert hat, ist die Radikalität, mit der Golding zeigt, wie dünn der Lack der Zivilisation ist. Die Jagd auf …
Herr der Fliegen von William Golding, erstmals 1954 veröffentlicht, ist für mich weit mehr als nur ein Abenteuerroman über gestrandete Jungen auf einer einsamen Insel. Es ist ein düsteres Gleichnis über die Abgründe der menschlichen Natur, über Macht, Angst und den schmalen Grat zwischen Kultur und Barbarei.
Die Geschichte beginnt mit einem scheinbar klassischen Szenario: Nach einem Flugzeugabsturz finden sich britische Schuljungen ohne Erwachsene auf einer unbewohnten Insel wieder. Zunächst versuchen sie, eine Ordnung nach bekannten gesellschaftlichen Regeln aufzubauen. Ralph wird zum Anführer gewählt, der muschelförmige Gegenstand dient als Symbol für Rede und Struktur. Doch je länger die Isolation andauert, desto mehr weichen Vernunft und Gemeinschaftssinn den Trieben: Angst, Gewalt und Machtgier brechen sich Bahn, verkörpert vor allem durch den Gegenspieler Jack und seine Jäger.
Was mich beim Lesen besonders erschüttert hat, ist die Radikalität, mit der Golding zeigt, wie dünn der Lack der Zivilisation ist. Die Jagd auf das imaginäre „Biest“, der Zerfall der Gruppenstrukturen, der Mord an Simon und schließlich die Hetzjagd auf Ralph machen deutlich, wie schnell Ordnung in Chaos umschlagen kann.
Goldings Sprache ist nüchtern, aber eindringlich. Die Natur wird zum Spiegel der inneren Verwilderung. Die Insel, anfangs paradiesisch, verwandelt sich in eine Bühne des Grauens.
Herr der Fliegen bleibt für mich eine beklemmende Parabel auf die Frage, wie viel Zivilisation im Menschen wirklich verankert ist – und wie schnell sie verloren gehen kann. Eine Lektüre, die nachdenklich macht und in ihrer Aktualität nichts eingebüßt hat.